Sonntag, 11. Oktober 2020

Gedanken, zu dieser Zeit - im Wissen, dass ich nichts weiss

 

Ich kann nicht

sagen, dass es Covid -19 gar nicht gibt, weil ich Menschen kenne, die um das Leben von Infizierten gekämpft haben und noch immer  kämpfen.

 Ich kann nicht,

sagen, dass alles nicht so schlimm ist und Covid 19 mit anderen Krankheiten und deren Sterberate vergleichen, weil für mich jeder Einzelfall ein Mensch ist, der das Recht auf Leben hat.

 Ich kann nicht,

bei einer Impfung kategorisch «Nein», sagen, weil für die Menschen die ich betreue, eine Covid – 19 Infektion das Todesurteil sein kann und ich nur schwer damit leben könnte, wenn ich sie angesteckt hätte.

 Ich kann nicht,

sagen, dass alle verordneten Massnahmen richtig waren und sind, weil ich nicht alles nachvollziehen kann und ich sehe, dass diese Massnahmen Leid verursacht haben.

 Ich kann nicht,

sagen, dass alle verordneten Massnahmen falsch waren und sind, weil ich nicht weiss, was passiert wäre, wenn sie nicht ergriffen worden wären und ich sehr dankbar bin, dass die Schweiz nicht so stark betroffen war und ist, wie Italien.

 Ich kann nicht,

jetzt zum Streik ausrufen, weil ist jetzt in dieser Krise da sein will, für die Menschen die mich und meinen Berufsstand jetzt brauchen.

 Ich kann nicht,

den Applaus als Hohn ansehen, da er von jenen kam, die in diesem Moment nichts anderes für uns tun konnten.

 Ich kann nicht,

sagen, dass mich diese Krise nicht immer wieder emotional erschüttert und ich manchmal einfach am liebsten schreiend davon laufen möchte.

 

Ich kann,

mich an mein Wissen zum Thema Krise und Krisenintervention erinnern und dieses jetzt anwenden.

 Ich kann,

entscheiden wo und wann ich mich wie exponieren will.

 Ich kann,

die Hygieneregeln einhalten, im Wissen, dass ich damit vor allem mein Gegenüber schütze.

 

Ich kann,

mein Immunsystem stärken, so wie ich das jeden Winter tue.

 Ich kann,

mich weiter für eine Verbesserung meiner Arbeitsbedingungen einsetzen und den politischen Weg bis zum Schluss unterstützen.

 Ich kann,

wenn ein Impfstoff zur Verfügung steht, für mich selbst prüfen, ob ich diesen meinem Körper zutraue.

 Ich kann,

mich jeden Tag von Neuem dafür entscheiden, diese Krise nicht nur auszusitzen, sondern auf jede erdenkliche Art zu tanzen.

 Ich kann,

in dieser dunklen Zeit, meine Lichter teilen, auf dass sie für andere auch Licht sein können.

 

Ich spreche hier von mir, von dem was ich nicht kann und von dem was ich kann. Ich spreche nicht von dir, aber ich wünsche mir, dass auch du dir bewusst wirst was du nicht kannst und  noch wichtiger, dass du dir klar wirst was du kannst.

 

Madame Malevizia


1 Kommentar:

  1. Sehr gute und wunderbare Gedanken und Überlegungen. Dieser Text sollte in jeder Tageszeitung veröffentlicht werden, damit einigen Leute endlich die Einsicht kommt, dass der Pflegeberuf nicht die Anerkennung bekommt, die er verdient hätte. Leider ist für viele das Wort "Dankbarkeit" nicht im Vokabular, sowie auch der Begriff Respekt!!! Für sie ist die Arbeit der Pflegenden leider eine Selbstverständlichkeit.

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