Es gibt etwas, das alle Pflegenden für ihren
Berufsstand tun können. Es kostet nichts, nicht einmal viel Zeit, es braucht
nur ein wenig Mut: Darüber sprechen. Damit tun sie bereits unglaublich viel. Es
ist so wichtig, dass Pflegende über ihren konkreten Pflegealltag sprechen. Über
das Licht und auch über die Schatten. Nur so können wir die Gesellschaft für
das, was in der Pflegewelt geschieht, sensibilisieren. Pflegende erleben Dinge,
die unglaublich und manchmal auch unfassbar sind. Pflegende erleben Wunder
hautnah, und sie erleben Leid, welches sie manchmal nur mittragen können. Indem
sie darüber sprechen, wird es auch für sie realer. Manchmal hat man/frau als
Pflegende nämlich tatsächlich das Gefühl im falschen Film zu sein. Es zu
erzählen, kann da eine wichtige Ressource sein. Aber sie tun damit nicht nur
sich selbst etwas Gutes, sondern eben auch dem gesamten Berufsstand. Die
Bevölkerung muss wissen, wie es um die Pflege steht. Sie muss wissen, dass sich
die Pflege fast zu Tode dokumentiert, um ihre Leistungen belegen zu können. Sie
müssen wissen, dass Pflegende sich tagtäglich mit ethisch – moralischen
Konflikten auseinandersetzen muss, die essenzieller nicht sein könnten. Es sind
Fragen wie: lasse ich jetzt den Patienten XY noch länger in seinen Exkrementen
liegen oder den Patienten M. noch länger vor Schmerzen schreien? Darüber sollen
und dürfen Pflegende sprechen, wo auch immer sie die Gelegenheit dazu haben.
Die Öffentlichkeit muss wissen, was es für freischaffende Pflegende, für die
Spitex und die Heime bedeutet, dass die Materialkosten nicht mehr von den
Krankenkassen übernommen werden müssen. Mal ganz ehrlich, in welchem Beruf gibt
es denn sowas? Ich sehe schon die alten Damen ihre Inkontinenzeinlagen auf dem
Heizkörper trocknen, um zu sparen. Die Gesellschaft muss wissen, dass in den
SwissDRG die Pflege absolut ungenügend abgebildet ist und dieses politische
Versäumnis dazu führt, dass die Stellenpläne deutlich unter dem Bedarf liegen.
Wenn Pflegende über ihre Arbeit sprechen, gibt es
einen Satz, den sie ganz bestimmt immer zu hören bekommen. Ich persönlich
trinke ja in Gedanken immer einen darauf, wenn er kommt. Allerdings nur noch in
Gedanken, denn sonst wäre ich inzwischen dauerbetrunken. «Ich könnte das
nicht.» Zum einen drückt dieser Satz bestimmt auch Bewunderung und Respekt aus.
Mir kommt er jedoch auch immer wieder wie ein «Totschläger» vor, der eine
ehrliche Auseinandersetzung mit den Problemen der Pflege von vornherein
abwürgt. Bisher habe ich das tatsächlich auch zugelassen. Ich will ja niemandem
auf die Nerven gehen, vor allem nicht meinen Freunden und Bekannten. Ja, auch
Pflegehexen, haben mitunter einen gewissen Hang zur Harmonie. Nun habe ich mir
aber eines fest vorgenommen. In Zukunft werde ich auf den Satz « Ich könnte das
nicht.» antworten mit. «Und weil das nicht alle können, gehört die Förderung
der Pflege in die Verfassung. Ich zähle auf Dein Ja zur Pflegeinitiative.»
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