Meine Lieben,
In meiner Tätigkeit als Pflegehexe begegne ich immer
wieder der Frage, warum Pflegende in Politik und Gesellschaft so wenig Einfluss
haben. Höchst selten werden in der Öffentlichkeit Pflegefachpersonen zum
Pflegnotstand oder anderen Gesundheitspolitischen Herausforderungen angehört.
«Weil wir keine Lobby haben.» Ist die häufigste Antwort auf diese Frage. Ich
sehe das auch so. Pflegende hätten durchaus einiges zu sagen und es ist
wichtig, dass Pflegende das Gesundheitswesen mitgestalten, da sie ein tragender
Teil dessen sind. Deshalb sollten wir Pflegeden alles daran setzen eine Lobby
aufzubauen. Um dies zu erreichen müssen wir einige Dinge tun und andere dringend
lassen.
Lassen sollten wir, lieber gestern als heute und
morgen das Konkurrenzverhalten. Wenn jede von uns tritt, kratzt und beisst um
nach oben (wo und was auch immer dieses «oben» sein soll) zu kommen, gibt es
schlussendlich nur Verlierer in Form von Schwerverletzten. Nichts blockiert uns
Pflegende mehr, als dieses systematische, meist hinterhältige Messerstechen.
Ich weiss wovon ich rede, auch in meinem Rücken steckten einst Messer, die mir
von Arbeitskolleginnen hineingerammt wurden. Es war und ist für mich schwierig,
solche Menschen zu erkennen, ihnen nur meine Frontseite zu zeigen und wenn möglich
Abstand zu halten. Für mich fühlt sich das an, wie das schwimmen im
Haifischbecken. Es kostet unglaublich viel Energie und Kraft in diesem Becken
den Kopf über Wasser zu halten. Um eine Lobby zu schaffen, ist dieses
Haifischbecken der falsche Ort. Und so rufe ich alle Pflegenden auf, steigt aus
diesem Gemetzel aus.
Eine Lobby entsteht vor allem durch eines:
Vernetzen. Männer sind, das muss ich neidlos gestehen, in dieser Disziplin
meisterhaft. Ein äusserst weites und tragfähiges Netz ist dabei offensichtlich
das Militär. Männern bedeutet es etwas, einmal (es ist auch egal ob es vor 20
Jahren war) zusammen «Dienst getan» zu haben. Sollen wir Pflegenden nun alle
ins Militär? Nein, das meine ich natürlich nicht. Gerade an mir Pflegehexe
hätten sie da keine Freude, ich hab’s nämlich nicht so mit Befehlen entgegen
nehmen… Und doch denke ich, dass es in unserer Pflegewelt eine Parallele gibt:
auch wir «tun zusammen Dienst». Gerade in Institutionen sind wir als Teams
unterwegs. Für mich ist vernetzen auch eine Haltung, die wir im Team und in den
Institutionen leben können. Es ist ein sich gegenseitig inspirieren, ermutigen
und herausfordern. Vernetzen im Team ist für mich ein gemeinsames Kaffee nach
der Nachtwache, das Feierabendbier, der Gruss auf die Nachbarstation, die
Teamanlässe, die gemeinsamen Pausen.
Ein weiterer Bereich, in dem wir uns vernetzen
können ist unsere Ausbildung. Wir alle sind einmal irgendwo in eine
Pflegeberufsschule gegangen. Auch ich habe noch Kontakte von dieser Zeit. (Wenn
auch lose, aber sie sind da.) Es ist wahnsinnig spannend zu sehen, wie sich die
Klassenkolleginnen und Klassenkollegen entwickelt haben. Bei dieser Gelegenheit,
liebe Grüsse an die Exoten Kurs 104 (Ihr wisst schon, dass ich Euch meine).
Ebenso ist es aber auch eine sehr gute Gelegenheit zu erfahren, was in anderen
Bereichen der Pflege abgeht. Ich stelle dabei immer wieder fest, dass sich die
Probleme ähneln. Und weil dies so ist, liegt darin so viel Potential eine Lobby
zu bilden. Noch effektiver wäre es, wenn die ganze Schule sich über die
Ausbildung hinaus vernetzen würde. Genau das versucht das Berner
Bildungszentrum Pflege (BZ Pflege) mit dem Verein Alumni zu erreichen. Bei eben
diesem Verein durfte ich am 20. November ein kleines Referat zu meiner
berufspolitischen Aktivität halten. Ich weiss, nicht alle haben gute
Erinnerungen an die Ausbildungszeit. Und ganz ehrlich, auch ich habe mich mit
leisem Schrecken an die unzähligen Gruppenarbeiten, Flipchartgestaltungen und
Präsentationen erinnert. Der Vorstand ist jedoch mit Herzblut dabei und
arbeitet unermüdlich daran, Alumni wachsen zu lassen. Aus meiner Sicht ist
Alumni eine wunderbare Möglichkeit sich zu vernetzen.
Sich in einem Verein zu engagieren oder auch nur
regelmässig die Anlässe zu besuchen benötigt Zeit. Zeit, die bei Pflegenden meist
sehr rar ist. Die zeitsparendste Möglichkeit zu vernetzen ist Social Media. Ich
nutze dieses Medium seit Beginn meiner Tätigkeit. Über meine Facebookseite habe
ich einige sehr wertvolle Kontakte knüpfen können. Auf Facebook gibt es
unzählige pflegespezifische Seiten. Da muss man/frau gut selektionieren um
nicht in einer Informationsflut zu ertrinken. Ich persönlich kann mit Seiten
auf denen ständig die Frage auftaucht «Darf mein Arbeitgeber das?» oder Seiten,
die sich in «Ferndiagnostik» üben nicht viel anfangen. Empfehlen möchte ich die
Seite «Pflege vernetzt» von Patrizia Tamborrini. Sie teilt auf ihrer Seite
Artikel rund um die Pflege. (Ich selbst bin dort als Administratorin tätig,
aber nur am Rande).
Vernetzen ist mit Einsatz und Herzblut verbunden.
Die Früchte dieses Einsatzes können erst Jahre später geerntet werden. So
möchte ich noch einmal alle Allumnis grüssen und an einen Satz aus meinem
Referat erinnern:
«Was wir alleine nicht schaffen, das schaffen wir
dann zusammen» (Xavier Naidoo)
Dieser Refrain geht noch weiter, und bezüglich
Vernetzen ist er absolut passend:
«Doch wir müssen geduldig sein, dann dauert es nicht
mehr lang.»
Eure Madame Malevizia
Ps. Für alle Interessierten, hier noch die Internetadresse von Alumni:
www.alumni-bzpflege.ch/
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