Freitag, 12. Mai 2017

Was wollt ihr, liebe in der Schweiz lebenden Menschen?

Ihr Lieben,
Herr Schnegg hat tatsächlich auf meinen März – Brief geantwortet. Normalerweise würde ich diese nun Kommentarlos an Euch weiter geben. Da sich seine Antwort für mich jedoch wie eine Ohrfeige anfühlt, die ich auf keinen Fall so an Euch weitergeben will, erlaube ich mir, sie in ein Statement von mir und einen Aufruf an alle in der Schweiz lebenden Menschen zu packen. Lest selbst, was Herr Schnegg geschrieben hat:

„Sehr geehrte Madame Malevizia
Ihren Brief vom März 2017 habe ich erhalten und nehme gerne wie folgt dazu Stellung:
Ich kann Ihnen versichern, dass die qualitativ hochstehende und angemessene medizinische und pflegerische Versorgung der Berner Bevölkerung das erklärte Ziel der Gesundheits- und Fürsorgedirektion ist. Als kompetente Dienstleisterin im Gesundheitswesen setzen wir uns für eine bedarfsgerechte, zugängliche, qualitativ gute und wirtschaftlich tragbare Gesundheitsversorgung ein. Ebenso versteht unser Ziel darin, den Patienten ins Zentrum zu stellen, insbesondere, weil wir unsere Dienstleistungen explizit zu seinen Schutz und zu seiner Sicherheit erbringen.
Im Rahmen des angespannten kantonalen Finanzhaushalts haben wir allerdings finanzpolitisch verantwortungsbewusst zu handeln und uns an der Wirtschaftlichkeit der eingesetzten Mittel zu orientieren. Die von Ihnen in Ihrem Brief angesprochenen Sparmassnahmen hängen hiermit zusammen sowie mit dem Kostendruck im Gesundheitswesen generell. Der Kostendruck dürfte künftig sogar weiter zunehmen, und dies bedeutet, dass die medizinische und pflegerische Versorgung der Bevölkerung wirtschaftlich tragbar sein muss. Daher zielt auch das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) darauf ab, den Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern zu stärken – im Gesundheitswesen sollen die Preise und damit die Kosten gesenkt werden. Im Bereich der Spitäler ist weiterhin damit zu rechnen, dass Strukturen (und Prozesse) auf ihr Sparpotiential hin geprüft werden. Die Leistungserbringer haben im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit selbständig und eigenverantwortlich zu handeln – allerdings unter der Prämisse, dass ökonomische Optimierungen aus Kostengründen immer nur soweit zulässig sind, als sie medizinisch und pflegerisch zumutbar sind. Die Patientensicherheit hat stets oberste Priorität. Deshalb ist bereits im Spitalversorgungsgesetz (SpVG) als eine Bewilligungsvoraussetzung für Spitäler, um überhaupt Spitalleistungen erbringen zu können, festgeschrieben, dass sie über genügend und angemessen qualifiziertes Personal entsprechend dem Behandlungs- und Pflegebedarf der Patientinnen und Patienten verfügen. Die Einhaltung solch gesetzlicher Vorgaben ist gemäss Artikel 118 SpVG von der Gesundheits – und Fürsorgedirektion periodisch zu überprüfen. Verstösst ein Leistungserbringer gegen die Spitalversorgungsgesetzgebung, können gegen ihn gemäss Massnahmen bis zum Entzug der Betriebsbewilligung ergriffen werden.
Anschliessend möchte ich noch anfügen, dass sich meine Direktion tagtäglich dafür einsetzt, dass die gesamte Bevölkerung des Kantons und insbesondere unabhängig von ihrer sozialen Stellung ausreichend medizinisch und pflegerisch versorgt werden kann. Es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass die Pflegenden dabei einen überaus wertvollen Dienst am Menschen erbringen. In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihr Engagement und versichere Ihnen, dass wir mit unseren Anstrengungen zur Stärkung unserer Partnerschaft mit den Akteuren im Gesundheitswesen, unserer Monitoring- und Aufsichtsaufgaben im Dienste der Bevölkerung und zum Schutz der Patientinnen und Patienten stetige Verbesserungen anstreben.“
Herrn Schneggs Antwort überrascht mich grundsätzlich nicht. Es ist das typische Politiker – Geschwätz: Immer schön sachlich bleiben, ja, keine Emotionen. Immerhin, ein einziges Mal steht da das Wort „Mensch“. Er weiss also, dass es um Menschen geht. Kein Wort verliert er zu meinen moralischen Bedenken zu seiner Strategie, kein Wort zu den ethischen Fragen, denen er sich in seiner Position stellen sollte.
Und so richte mein Wort nun an Euch, liebe Menschen, die ihr in der Schweiz lebt. Ihr seid es, die letztendlich bestimmen, wie unser Gesundheitssystem aussehen soll. Geht ihr mit Herrn Schnegg einig, findet ihr auch, man soll weiter sparen? Ok. Dann müsst ihr Euch allerdings bald nach anderen Pflegenden umsehen. Die ETH sollte schon mal anfangen, Fliessbänder und Roboter zu entwickeln. Ich glaube nämlich nicht, dass sich noch ein menschliches Wesen findet, dass unter solchen Umständen arbeiten will.
Wenn ihr aber wollt, dass sich etwas ändert, dann bitte, tut etwas .JETZT! Und kommt mir jetzt nicht mit: Ich habe keine Zeit, ich weiss nicht was, ich kann das nicht. Es gibt auch ganz kleine Dinge, die Ihr tun könnt. Hier einige Ideen:
1.    Unterschreibt die Pflegeinitiative, Initiative für eine starke Pflege. Am 12.05. 17 ist wieder nationaler Sammeltag. Wenn ihr dann unterwegs seid, begegnet ihr bestimmt fleissigen Sammlern. Auf pflegeinitiative.ch, könnt ihr aber auch ganz bequem Zuhause unterschreiben.

2.   Kommt es zur Abstimmung zur Pflegeinitiative (ich bete jeden Tag dafür) stimmt JA.

3.   Wenn ihr selbst Pflegende seid: Sprecht über das, was ihr erlebt. Überall wo sich die Gelegenheit dazu ergibt. Lasst Euch nicht abspeisen mit: „Ich könnte das nicht.“ Konfrontiert eure Nächsten mit den momentanen Zuständen. Alle müssen sich dem stellen.
Ihr seid nicht Pflegende: Stellt Euch den Nöten der Pflegenden. Hört hin, nehmt ihre Not ernst. Das Gesundheitswesen ist nicht nur die Krankenkassenprämie. Macht Euch Gedanken darüber, wie ihr selbst etwas verändern könnt.

4.   Wir leben in einer Demokratie mit freien Wahlen. Schaut Euch die Damen und Herren, die sich zur Wahl stellen genau an. Was sagen sie zum Thema Gesundheitswesen? Was haben sie zu den Sparmassnahmen im Grossen Rat gesagt? Was tun sie? Und dann entscheidet, wer Eurer Haltung zu diesem Thema entspricht und wählt diese Menschen.

Eines verspreche ich euch meine Lieben:
Ich gebe nicht auf! Weiter werde ich Politikern meine unbequemen Fragen stellen. Und nackt durch den Wald tanzen, sollte ich jemals eine brauchbare Antwort erhalten (nein, es wird keine Fotos davon geben). Bis zu meinem letzten Atemzug, werde ich den Mund aufmachen und dafür kämpfen, dass der Beruf, den ich so sehr liebe weiterlebt. Denn genau darum geht es.
Wie sieht es aus ihr Menschen, die ihr in der Schweiz lebt, seid ihr mit mir?


Eure Madame Malevizia. 

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