Donnerstag, 6. September 2018

Verantwortung übernehmen

Meine Lieben,

Es war ein politischer Entscheid, die Swiss DRG einzuführen, dies trotz Warnungen des Berufsverbandes SBK. In den Swiss DRG wird die Pflege ungenügend abgebildet. Die Folge, um entsprechend dem Aufwand entschädigt zu werden, dokumentieren sich die Pflegenden dumm und dämlich. Ebenfalls ist mit den DRGs ein neues Anreizsystem geschaffen worden. Je kürzer der Patient hospitalisiert ist, desto mehr Geld für die Institution. Dies zieht die sogenannt «blutigen» Austritte nach sich. Für SPITEX aber auch für die Heime stellt dies zum Teil eine absolute Überforderung dar. Um diesem entgegen zu treten, wurde bestimmt, dass ein Wiedereintritt nach kurzer Zeit (ich weiss gerade nicht nach wie vielen Tagen) unter dem selben DRG läuft, sprich, es gibt nicht mehr Geld dafür. Was tun nun findige Spitäler? Sie überweisen solche Patienten wegen ihrer Komplexität in die Universitätsspitäler, welche diese aufnehmen müssen, weil sie einen Leistungsauftrag haben. Das Universitätsspital erhält jedoch nur noch das «Restgeld» des DRGs. Bei einer Operation wird es noch perfider. Ein Grossteil des DRG wird für die Operation bezahlt. Wenn ein Spital nun eine Operation durchführt, der Patient dann jedoch Komplikationen erleidet, die dieses Spital nicht mehr bewältigen kann, erhält das übernehmende Universitätsspital nur noch den Restbetrag (also DRG minus OP). In beiden Fällen ist der Patient für das Universitätsspital vom ersten Tag an defizitär. Diese «Rosinenpickerei» gehört schlicht unterbunden. Die Macht dazu hat das Parlament.
Die meisten Privatspitäler funktionieren über das Belegarztsystem. Machen diese Ärzte Ferien fahren die Spitäler ihre Bettenzahl herunter. Dies ist auch völlig logisch, leere Betten verursachen Kosten. Dadurch können sie auch weniger Notfälle aufnehmen, was dazu führt, dass die Notfälle der öffentlichen Spitäler überlaufen, die Bettenhäuser ebenso überfüllt sind. Dadurch kommt das Pflegepersonal an den Rand eines Kollapses. Den Pflegedirektionen ist es gar nicht möglich, so kurzfristig ausreichend Personal zu rekrutieren. Das, meine Lieben, ist nicht nur unfair, sondern schlicht gefährlich. Auch das gehört abgestellt. Wenn die Privatspitäler auch Gelder von der öffentlichen Hand erhalten, sollen sie auch denselben Leistungsauftrag wie die öffentlichen Spitäler erfüllen.
Der Bundesgerichtsentscheid, dass Pflegematerialien den Krankenkassen nicht mehr verrechnet werden dürfen, konnte nur zustande kommen, weil die Gesetzeslage so ist. Und so ist die Pflege meines Wissens, der einzige Berufsstand, der sein benötigtes Material nicht verrechnen darf.
Jedes Jahr kommt es in beinahe jedem Kanton zu Sparmassnahmen. Ausgetragen werden diese mit Vorliebe auf dem Buckel des Gesundheitswesens. Daneben sind Bund, Kantone und Gemeinde Meister darin, sich gegenseitig den finanziellen schwarzen Peter zu zuschieben. Verantwortung übernehmen geht anders.
Es ist die fixe Idee der Politiker, dass Gesundheitsinstitutionen Gewinn bringend sein sollen. Der Kapitalismus lässt grüssen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass dies ohne Rücksicht auf Verluste erreicht werden soll. Diese Bestrebungen gehen auf Kosten der Menschlichkeit. Inne halten, umdenken? Fehlanzeige.
Ganz konkret gesagt:
Ich werfe der SP vor, dass die Gesundheitspolitik in ihrem Parteiprogramm schlicht inexistent ist. Das weiss ich, weil ich dieses gelesen habe. Vieles über eine menschliche Wirtschaft steht da drin. Aber nichts, was Pflegenden in ihrer Not helfen würde. Es gibt in den Kantonen sehr gute Programme zum Thema Gesundheitswesen. Ebenfalls gibt es Politikerinnen und Politiker der SP, welche sich engagieren. Um wirklich etwas erreichen zu können, braucht es jedoch mehr als Einzelaktionen.
Die Juso konzentriert sich auf Freiräume der Jugend, Polizeigewalt oder und im Moment sehr darauf, zu beurteilen was nun sexistisch ist oder nicht. Alles Themen, die irgendwo wichtig sein können. Dabei verpassen sie die Tatsache, dass vor ihrer Nase die Menschenrechte von Patienten und Pflegenden tagtäglich verletzt werden. Eine Beteiligung dieser jungen, mitunter auch kreativen Partei, ist für mich ein Muss.
Für die FDP scheint das Gesundheitswesen ausschliesslich aus den Krankenkassen zu bestehen. Mehr gibt es über diese Partei nicht zu sagen. Und zu erwarten hat die Pflege von der FDP grundsätzlich nichts. Aber gerade von dieser Partei erwarte ich, dass sie an Lösungen konkret mitarbeitet.
Im Parteiprogramm der SVP ist das Gesundheitswesen durchaus präsent. Die Ansätze sind zwar sehr konservativ, aber durchaus zu diskutieren. Leider fokussiert sich die SVP lieber auf die Masseneinwanderung oder die Frage des Kopftuchs. Aus meiner Sicht, ein Armutszeugnis für die Partei. Lässt sie doch dadurch einen Teil der Bevölkerung kläglich im Stich.
Die CVP hat das «Christlich» in ihrem Namen, müsste sich also mit ethisch- moralischen Fragen auseinandersetzen. Solche Fragen gibt es beim Thema Gesundheitspolitik mehr als genug. Doch auch sie bleibt weitgehend stumm.
Das Gesundheitswesen ist hochkomplex. Als Politikerin oder Politiker braucht es durchaus Mut sich ernsthaft damit zu befassen. Doch jeder einzelne, der in einem Rat sitzt, hat sich bewusst dafür entschieden. Als Bürgerin, als Wählerin, als Pflegehexe erwarte ich, dass sie nun ihre Verantwortung wahrnehmen.
Eure Madame Malevizia