Werte
Damen und Herren Bundesrat
Gestern haben Sie Ihre Ablehnung der Volksinitiative
für eine starke Pflege kommuniziert. Ein Entscheid, der mich nicht überrascht.
Ihre Begründung macht mich wütend und ich kann sie nicht einfach so stehen
lassen.
«Der Bundesrat ist der Ansicht, dass der
bestehende Verfassungsartikel zur medizinischen Grundversorgung (117a BV)
ausreichend ist, um die Pflege zu stärken.»
Warum tun Sie es dann nicht? Seit Jahrzehnten spitzt
sich die Lage für die Pflegenden Jahr für Jahr weiter zu. Die Pflege läuft am
Anschlag. Der Pflegenotstand droht nicht, er ist längst Realität. Doch von
einer Stärkung der Pflege sehe ich nichts, im Gegenteil
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Bei jeder Sparrunde werden im
Gesundheitswesen massiv Gelder gestrichen. Ein Beispiel ist der Kanton Bern
letztes Jahr. Solche Sparübungen werden immer auch auf dem Buckel der
Pflegenden ausgetragen.
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Der Beitrag für die die freischaffenden
Pflegenden von den Krankenkassen wurde gekürzt. Dadurch werden einige aufgeben
müssen.
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Durch einen Bundesverwaltungsgerichtsentscheid
dürfen Heime und Spitexbetriebe Verbands- und Pflegematerialien nicht mehr den
Krankenkassen verrechnen. Dass dies Zustande gekommen ist, ist nicht die
Verantwortung des Bundesverwaltungsgerichtes, sondern der Politik, welche sich
nicht darum gekümmert hat, ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, damit
Pflegende das tun können, was jeder Berufsstand macht: seine Materialkosten
verrechnen. Die Folgen dieses Versäumnisses sind gravierend. Viele
Krankenkassen beginnen nun Rückforderungen zu stellen. Ich frage mich, wann das
erste Pflegeheim deswegen Sparmassnahmen (notabene zu Lasten der Pflegenden)
ergreifen oder gar seine Pforten schliessen muss.
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Die SwissDRG wurden, (ich weiss lange
ist es her), eingeführt, im Wissen, dass die Pflege darin ungenügend abgebildet
ist. Dieser Mangel ist bis heute nicht ausreichend korrigiert. Die Folge davon:
Pflegende dokumentieren sich zu Tode, damit Ihre Leistungen wenigstens halbwegs
abgegolten werden.
Ist das Ihr Verständnis von: «Die Pflege stärken»?
Sie können jetzt sagen, für einige dieser Beispiele sind die Kantone zuständig.
Ich weiss. Aber wenn Sie wirklich die Pflege stärken wollen, dann übernehmen
Sie als Landesregierung endlich die Verantwortung im Gesundheitswesen und
beenden dieses «Schwarze Peter Spiel»!
«Die
Forderung der Initiantinnen und Initianten nach einer direkten Abrechnung von
Pflegeleistungen zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP)
hätte zudem Mehrkosten im Gesundheitswesen zur Folge.»
Das ist mein absoluter Lieblingssatz. Welche
Mehrkosten? Glauben Sie wirklich eine freischaffende Pflegefachperson würde
dann mehr Klienten betreuen? Auch ihr Tag hat nur 24Stunden und auch Pflegefachpersonen
müssen essen und schlafen. Ausserdem heisst abrechnen können nicht, dass die
Krankenkasse die Leistung auch automatisch übernehmen muss. Sie kann die
Notwendigkeit dieser, wie bis anhin auch überprüfen. Glauben Sie wirklich, ein
Arzt überprüft jede Bedarfsabklärung der Spitex, bevor er sie unterschreibt?
Dazu fehlt diesen zum einen die Zeit und zum anderen können sie es schlicht
nicht beurteilen.
Mit der Möglichkeit die Pflegeleistungen selbst
abzurechnen, bekommt die Pflege vor dem Gesetz jene Eigenständigkeit, die ihr
schon längst zusteht. Pflege ist eine eigene Profession, schon seit
Jahrhunderten. Diese Gesetzliche Anerkennung wollen Sie mit dieser
fadenscheinigen Begründung den Pflegenden weiterhin verwehren?
«Der
Bundesrat hat in der Vergangenheit in Zusammenarbeit mit anderen Partnern
verschiedene Massnahmen ergriffen, um dem Fachkräftemangel in den Pflegeberufen
zu begegnen. Dazu gehören die Finanzierung von Wiedereinstiegsprogrammen und
Massnahmen, um in der Langzeitpflege das Personal zu erhalten.»
Ihre Massnahmen kommen Jahrzehnte zu spät und sind
ungenügend. Der Fachkräftemangel wird durch Wiedereinstiegsprogramme nicht
gelöst. Denn auch die Wiedereinsteiger/Innen können mit einem Salär einer
ausgebildeten Pflegefachperson ihre Familien nicht ernähren, um nur ein Problem
zu erwähnen. Daneben ist es bei einem Vollpensum dem Elternteil kaum mehr
möglich, seine Rolle gegenüber den Kindern noch wahrzunehmen, weil ständig
abwesend.
Es fehlen nicht nur Pflegende in den
Langzeitinstitutionen, sondern es fehlen Pflegende auf den Intensivstationen,
der Neonatologie, den Bettenstationen, in den Psychiatrien, in den ambulanten
Diensten, in der Palliative Care, kurz überall. Das führt soweit, dass
teilweise aus diesen Gründen Betten geschlossen werden müssen, obwohl diese
dringend benötigt würden.
«Das
EDI ist zudem im Auftrag des Bundesrats daran, zusammen mit anderen Akteuren
einen zusätzlichen Massnahmenplan zu erarbeiten.»
Ich weiss, ich wiederhole mich: Dieser
Massnahmenplan sollte längst in der Umsetzung sein. Und wie lange wollen Sie
noch Pläne erarbeiten? Während sie nämlich planen, stehen die Pflegenden vor
ethisch – moralischen Konflikten, die aus Ihrer Lethargie heraus entstanden
ist. Während sie planen, sind Menschen aufgrund des Fachkräftemangels
unterversorgt und in Lebensgefahr.
In verschiedenen Medien hat sich Bundesrat Alain
Berset zur Pflegeinitiative geäussert. Ich wurde noch nie wütender als bei
diesem Statement.
Glauben Sie wirklich, uns noch weiter mit
Schulterklopfen und verbalen Streicheleinheiten abspeisen zu können? Mit «Wir
haben das Problem erkannt» kann sich eine Pflegende, die jetzt am Bett
steht keinen Blumentopf kaufen und erst recht keine menschenwürdige Pflege
gewährleisten.
Sie sagen «Wir brauchen Zeit, haben Sie Geduld.»
Meine Damen und Herren Bundesräte, Geduld haben wir gehabt, mehr als jede
andere Berufsgruppe. Zeit haben Sie gehabt und Sie haben es nicht auf Reihe
bekommen. Sie haben Ihre Verantwortung nicht wahrgenommen und nehmen sie auch
jetzt nicht wahr. Das ist der Grund, weshalb die Pflegeinitiative lanciert und
eingereicht wurde. Und wenn es auch das Parlament nicht schafft, einen
brauchbaren Gegenvorschlag zu erarbeiten, wird das Volk entscheiden.
Und im Gegensatz zu Ihnen, meine lieben Damen und
Herren Bundesräte, haben diese den Gong schon lange gehört.
Abschliessend möchte ich eines betonen: Wir
Pflegenden verlangen kein Silberbesteck und auch keine Sänfte, auf der wir zur
Arbeit getragen werden. Wir Pflegenden wollen einfach unseren Beruf ausüben
können.
Hochachtungsvoll
Madame Malevizia
Pflegehexe
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