Sehr geehrter Herr
Direktor
Werte
Berufsschullehrerinnen und Lehrer,
Werte Dozentinnen und
Dozenten,
Geschätzte
Berufsbildnerinnen und Berufsbildner,
Liebe Angehörige und
Freunde
Liebe Diplomandinnen
und Diplomanden,
Ganz ehrlich, mir ist diese
Begrüssung zu lang und zu umständlich. Bestimmt, habe ich bereits jemand
wichtiges vergessen. Zudem bin ich Pflegehexe und Hexen nehmen das mit der
Korrektheit nicht ganz so genau. Wir sind da ein wenig direkter, kürzer und
vielleicht auch herzlicher. Wir sagen was wir meinen und so wie wir es sagen,
ist es auch gemeint (ein ganz klarer Satz, nicht?). Als Pflegehexe begrüsse ich
nun alle mit nur 2 Worten (hocheffizient also).
Meine Lieben,
So viele Menschen hier
und ich darf zu Euch sprechen. Und auch wenn ich jetzt gerade extrem weiche
Knie habe, und ich zuvor fast vor Aufregung gestorben bin, freue ich mich doch
sehr, dass ich heute hier sein darf. Vielen Dank, für die Einladung.
Die Begrüssung hätten
wir also schon mal geschafft, grossartig. Und doch muss ich sie (nicht ganz
Pflegehexen – Like) ergänzen. In dieser Rede möchte ich mein Wort vor allem an
Euch, liebe Diplomandinnen und Diplomanden richten. Schliesslich sind wir ja
alle euretwegen hier. Ihr anderen dürft natürlich trotzdem zuhören, Pflegehexen
sind grosszügig.
Dann fange ich mal an:
Ich gratuliere Euch von ganzem Herzen zu Eurem Diplom Pflegefachperson HF in
Gesundheits- und Krankenpflege. Seid stolz auf Euch und feiert diesen Tag.
So, das wichtigste wäre
jetzt gesagt und wir könnten zum Apéro gehen. Leider hat mir die Schulleitung
gesagt, ich bekomme nur etwas, von diesem vielgerühmten Apéro wenn ich
mindestens 10 Minuten zu Euch spreche. Darum, sorry, es dauert noch ein wenig.
Ja, was erzähle ich
Euch jetzt? Als bloggende, Briefe schreibende, Facebook mit meinen Beiträgen
überschwemmende Pflegehexe sollte mir da schon etwas einfallen.
Meinen Blog findet ihr
übrigens unter malevizia.blogspot. ch. Meine Facebookseite ist Madame Malevizia
und meine Mailadresse lautet pflegehexe@bluewin.ch. Wer sich das jetzt so auf
die Schnelle nicht nicht merken kann, darf mich beim Apéro gerne ansprechen,
ich habe Visitenkarten dabei Damit wäre der Werbeblock beendet.
Zurück zur Diplomrede.
Da wären also Themen wie:
1. Der Fachkräftemangel,
(Mein Lieblingsthema. Vor allem deshalb, weil dieser von der Politik
geflissentlich ignoriert wird.) und seine Bedeutung für die Praxis (Der Job ist
echt hammerhart. Pflegende betreiben nicht selten beruflichen
Höchstleistungssport, ohne Aussicht auf einen Olympiasieg oder den Titel
Sportlerin/Sportler des Jahres. Grundsätzlich verdienen sie alle jedoch den
Prix Courage)
2. Die Passivität der
Politik, wenn es um die ethisch – moralischen Konflikte, geht (da sind wohl
noch mehrere Tritte in bestimmte Körperteile nötig, bis sich dort jemand diesen
Fragen stellt, mit denen Pflegende tag – täglich konfrontiert sind.)
3. Die Lethargie der
Pflegenden, die sich einfach alles gefallen lassen (wir haben Macht, wann
fangen wir endlich an, sie zu nutzen. Die jüngere Generation scheint jedoch
aufzuwachen, ein Umstand, der Anlass zur Hoffnung gibt.)
Ja, das sind meine
Themen und ist naheliegend, dass ich über eines zu Euch spreche.
Aber, ist es das, was
ich Euch heute mitgeben will? Und noch wichtiger: Ist es das, was Ihr von Eurer
Diplomfeier mitnehmen möchtet.
Als Pflegehexe ist es
tatsächlich mein Ziel, diese Schatten beim Namen zu nennen. Ich bin sicher,
auch Ihr kennt diese Schatten. Sie werden Euch in Eurem Alltag als Pflegende
begleiten, einige habt Ihr bestimmt schon während Eurer Ausbildung kennen
gelernt. Wünsche ich mir und Euch einem Tag, an dem Ihr vom Kämpfen mit diesen
Schatten müde seid, dass ihr euch an eure Diplomfeier und an diese verrückte
Frau mit dem Hexenhut, die sich selbst Pflegehexe nennt erinnert und denkt:
«Sie hat es ja gesagt.» Nein. Denn dieser Gedanke wird euch keine Kraft geben.
Dieser Gedanke wird nicht dazu beitragen, dass Ihr nach einem solchen Tag
wieder aufsteht, weiter macht und Euch für Veränderungen stark macht.
Deshalb möchte ich Euch
heute meine Lichter in der Welt der Pflegenden mitgeben. Ich weiss, Weihnachten
ist noch weit. Ehrlicherweise muss ich aber zugeben, dass grosse Teile dieser
Rede kurz vor Weihnachten entstanden sind. Diese Lichter die ich meine,
brauchen wir Menschen und vor allem wir Pflegenden das ganze Jahr. Diese
Lichter sind es, die unseren Beruf zu dem machen, was er ist: Für mich der
schönste Beruf der Welt.
Meine Lichter
Das Lächeln eines
Schwerkranken (und manchmal ist es wirklich mein Tagesziel, diesen Menschen zum
Lachen zu bringen). - ein Licht
Das Danke eines
Patienten, wenn ich mich verabschiede (manchmal unmittelbar nachdem ich ihm/
ihr Blut abgenommen habe) – ein Licht.
Dieser tiefe Friede,
wenn ein Mensch seine letzte Reise antritt (für einige klingt das vielleicht
merkwürdig, aber für mich ist es so) – ein Licht.
Ein Mensch, dem es
lange, schlecht ging, bei dem es immer wieder in beide Richtungen (Leben oder
Tod) hätte gehen können, verlässt zu Fuss die Station – ein Licht.
Ein Mensch mit
demenzieller Veränderung, der zwar meinen Namen nicht nennen kann, mich aber
voller Vertrauen bei der Hand nimmt und sich von mir zur Toilette führen lässt
– ein Licht
Ein Team, das im
grössten Stress, in der grössten Belastung, das Lachen nicht verliert – ein
Licht.
Ein Team, das
füreinander da ist, einander hilft – ein Licht
Eine
Pflegedienstleitung, deren Tür offen ist, die sich für ihre Mitarbeitenden
einsetzt – ein Licht.
Nach den Ferien zu
hören, «Schön, sind sie wieder da.» - ein Licht.
Mit Patienten und
Angehörigen gemeinsam Ziele definieren, Massnahmen ergreifen und diese
erreichen – ein Licht.
Sich im
interdisziplinären Team austauschen, als Pflegende den Lead übernehmen können
(meist, laufen bei uns die Fäden zusammen) und dort mein Wissen und Können voll
ausschöpfen zu können – ein Licht.
Tage, in denen ich so
pflegen kann, wie ich es gelernt habe. -Ein Licht.
Ein junger Mann in der
Krise, dessen Suizidversuch ich verhindern konnte, der sich bei mir bedankt
(seinen Brief habe ich heute noch) – Ein Licht.
Selbst gesund sein
dürfen (Gesundheit ist höchste Gut das keiner kaufen kann.) – ein Licht
Die Liste liesse sich
noch beliebig erweitern. Ich bin sicher, das eine oder andere Licht, kennt Ihr
auch und Ihr habt bestimmt auch noch viele weitere.
Und jetzt meine Lieben,
wünsche ich mir und Euch, dass Ihr, wenn die Schatten mal wieder so gross sind,
dass Ihr glaubt es geht nicht mehr , ihr Euch an Eure Diplomfeier und die
verrückte Frau mit dem Hexenhut, die sich selbst Pflegehexe nennt erinnert und
ihr mit Ihr zusammen ihre und Eure Lichter anzündet.
Danke fürs Zuhören. Und
jetzt geniesst den Abend!
Eure Madame Malevizia
Pflegehexe
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