Ihr Lieben,
Herr Schnegg hat tatsächlich auf meinen März – Brief
geantwortet. Normalerweise würde ich diese nun Kommentarlos an Euch weiter
geben. Da sich seine Antwort für mich jedoch wie eine Ohrfeige anfühlt, die ich
auf keinen Fall so an Euch weitergeben will, erlaube ich mir, sie in ein
Statement von mir und einen Aufruf an alle in der Schweiz lebenden Menschen zu
packen. Lest selbst, was Herr Schnegg geschrieben hat:
„Sehr geehrte Madame Malevizia
Ihren Brief vom März 2017 habe ich erhalten und
nehme gerne wie folgt dazu Stellung:
Ich kann Ihnen versichern, dass die qualitativ
hochstehende und angemessene medizinische und pflegerische Versorgung der
Berner Bevölkerung das erklärte Ziel der Gesundheits- und Fürsorgedirektion
ist. Als kompetente Dienstleisterin im Gesundheitswesen setzen wir uns für eine
bedarfsgerechte, zugängliche, qualitativ gute und wirtschaftlich tragbare
Gesundheitsversorgung ein. Ebenso versteht unser Ziel darin, den Patienten ins
Zentrum zu stellen, insbesondere, weil wir unsere Dienstleistungen explizit zu
seinen Schutz und zu seiner Sicherheit erbringen.
Im Rahmen des angespannten kantonalen
Finanzhaushalts haben wir allerdings finanzpolitisch verantwortungsbewusst zu handeln
und uns an der Wirtschaftlichkeit der eingesetzten Mittel zu orientieren. Die
von Ihnen in Ihrem Brief angesprochenen Sparmassnahmen hängen hiermit zusammen
sowie mit dem Kostendruck im Gesundheitswesen generell. Der Kostendruck dürfte
künftig sogar weiter zunehmen, und dies bedeutet, dass die medizinische und
pflegerische Versorgung der Bevölkerung wirtschaftlich tragbar sein muss. Daher
zielt auch das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) darauf ab, den
Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern zu stärken – im Gesundheitswesen
sollen die Preise und damit die Kosten gesenkt werden. Im Bereich der Spitäler
ist weiterhin damit zu rechnen, dass Strukturen (und Prozesse) auf ihr
Sparpotiential hin geprüft werden. Die Leistungserbringer haben im Rahmen ihrer
unternehmerischen Freiheit selbständig und eigenverantwortlich zu handeln –
allerdings unter der Prämisse, dass ökonomische Optimierungen aus Kostengründen
immer nur soweit zulässig sind, als sie medizinisch und pflegerisch zumutbar
sind. Die Patientensicherheit hat stets oberste Priorität. Deshalb ist bereits
im Spitalversorgungsgesetz (SpVG) als eine Bewilligungsvoraussetzung für
Spitäler, um überhaupt Spitalleistungen erbringen zu können, festgeschrieben,
dass sie über genügend und angemessen qualifiziertes Personal entsprechend dem Behandlungs-
und Pflegebedarf der Patientinnen und Patienten verfügen. Die Einhaltung solch
gesetzlicher Vorgaben ist gemäss Artikel 118 SpVG von der Gesundheits – und
Fürsorgedirektion periodisch zu überprüfen. Verstösst ein Leistungserbringer
gegen die Spitalversorgungsgesetzgebung, können gegen ihn gemäss Massnahmen bis
zum Entzug der Betriebsbewilligung ergriffen werden.
Anschliessend möchte ich noch anfügen, dass sich
meine Direktion tagtäglich dafür einsetzt, dass die gesamte Bevölkerung des
Kantons und insbesondere unabhängig von ihrer sozialen Stellung ausreichend
medizinisch und pflegerisch versorgt werden kann. Es besteht überhaupt kein
Zweifel daran, dass die Pflegenden dabei einen überaus wertvollen Dienst am
Menschen erbringen. In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihr Engagement und
versichere Ihnen, dass wir mit unseren Anstrengungen zur Stärkung unserer
Partnerschaft mit den Akteuren im Gesundheitswesen, unserer Monitoring- und
Aufsichtsaufgaben im Dienste der Bevölkerung und zum Schutz der Patientinnen
und Patienten stetige Verbesserungen anstreben.“
Herrn Schneggs Antwort überrascht mich grundsätzlich
nicht. Es ist das typische Politiker – Geschwätz: Immer schön sachlich bleiben,
ja, keine Emotionen. Immerhin, ein einziges Mal steht da das Wort „Mensch“. Er
weiss also, dass es um Menschen geht. Kein Wort verliert er zu meinen
moralischen Bedenken zu seiner Strategie, kein Wort zu den ethischen Fragen,
denen er sich in seiner Position stellen sollte.
Und so richte mein Wort nun an Euch, liebe Menschen, die
ihr in der Schweiz lebt. Ihr seid es, die letztendlich bestimmen, wie unser
Gesundheitssystem aussehen soll. Geht ihr mit Herrn Schnegg einig, findet ihr
auch, man soll weiter sparen? Ok. Dann müsst ihr Euch allerdings bald nach
anderen Pflegenden umsehen. Die ETH sollte schon mal anfangen, Fliessbänder und
Roboter zu entwickeln. Ich glaube nämlich nicht, dass sich noch ein
menschliches Wesen findet, dass unter solchen Umständen arbeiten will.
Wenn ihr aber wollt, dass sich etwas ändert, dann bitte,
tut etwas .JETZT! Und kommt mir jetzt nicht mit: Ich habe keine Zeit, ich weiss
nicht was, ich kann das nicht. Es gibt auch ganz kleine Dinge, die Ihr tun
könnt. Hier einige Ideen:
1.
Unterschreibt die Pflegeinitiative,
Initiative für eine starke Pflege. Am 12.05. 17 ist wieder nationaler
Sammeltag. Wenn ihr dann unterwegs seid, begegnet ihr bestimmt fleissigen
Sammlern. Auf pflegeinitiative.ch, könnt ihr aber auch ganz bequem Zuhause
unterschreiben.
2.
Kommt es zur Abstimmung zur Pflegeinitiative (ich
bete jeden Tag dafür) stimmt JA.
3.
Wenn ihr selbst Pflegende seid: Sprecht über
das, was ihr erlebt. Überall wo sich die Gelegenheit dazu ergibt. Lasst Euch
nicht abspeisen mit: „Ich könnte das nicht.“ Konfrontiert eure Nächsten mit den
momentanen Zuständen. Alle müssen sich dem stellen.
Ihr seid nicht Pflegende: Stellt Euch
den Nöten der Pflegenden. Hört hin, nehmt ihre Not ernst. Das Gesundheitswesen
ist nicht nur die Krankenkassenprämie. Macht Euch Gedanken darüber, wie ihr
selbst etwas verändern könnt.
4.
Wir leben in einer Demokratie mit freien
Wahlen. Schaut Euch die Damen und Herren, die sich zur Wahl stellen genau an.
Was sagen sie zum Thema Gesundheitswesen? Was haben sie zu den Sparmassnahmen
im Grossen Rat gesagt? Was tun sie? Und dann entscheidet, wer Eurer Haltung zu
diesem Thema entspricht und wählt diese Menschen.
Eines verspreche ich euch meine Lieben:
Ich gebe nicht auf! Weiter werde ich
Politikern meine unbequemen Fragen stellen. Und nackt durch den Wald tanzen,
sollte ich jemals eine brauchbare Antwort erhalten (nein, es wird keine Fotos
davon geben). Bis zu meinem letzten Atemzug, werde ich den Mund aufmachen und
dafür kämpfen, dass der Beruf, den ich so sehr liebe weiterlebt. Denn genau
darum geht es.
Wie sieht es aus ihr Menschen, die ihr
in der Schweiz lebt, seid ihr mit mir?
Eure Madame Malevizia.
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