Im Juni 2017
Werter Herr Rösti
Sie sind der erste
Parteipräsident, der einen Brief von mir erhält. Ich schreibe Ihnen, weil ich
wissen will, warum die schweizer Politiker/Innen die Pflegenden im Stich
lassen. Jeder Bewohner dieses Landes wird in seinem Leben früher oder später einmal auf Pflegende angewiesen
sein. Wenn sie aussterben, steht die Schweiz und seine Bevölkerung vor einem
riesigen Problem, das Menschenleben kosten wird.
Der Fachkräftemangel ist ein Fakt, der nicht
mehr weg diskutiert werden kann. Das Thema ist also existentiell. In der
Öffentlichkeit ist es jedoch kaum präsent und in politischen Diskussionen nicht
existent.
Mit Freude und Interesse
habe ich festgestellt, dass im Parteiprogramm der SVP die Gesundheitspolitik
erwähnt wird. Schade, dass Sie so wenig darüber sprechen, auch wenn Ihre Haltungen
nicht in allen Punkten den meinen entsprichen. Ich erachte es jedoch als
wichtig, dass über das Gesundheitswesen gesprochen, diskutiert und auch
gestritten wird. Das Problem des Fachkräftemangels und der damit verbundenen riesigen
Not der Pflegenden wird die Schweiz nur gemeinsam lösen können. Gerne würde ich
Ihnen noch ein paar Gedanken zu Ihrem Parteiprogramm mit auf den Weg geben:
Ihre Partei sieht einen
Grossteil der Lösung darin, die Gesundheitsinstitutionen dem Wettbewerb und
somit der Privatwirtschaft zu überlassen. Ihre Abneigung gegen die
Verstaatlichung in allen Ehren, diese Sicht hat für mich einfach entscheidende
Fehler:
-
Ein Spital kann niemals wie ein anderer
privatwirtschaftlicher Konzern funktionieren. Jeder Konzern lehnt einen
Auftrag, von dem er weiss, dass er defizitär sein wird, ab. Ein öffentliches
Spital, spätestens ein Universitätsspital kann jedoch einen multimorbiden,
hochkomplexen Patienten nicht einfach ablehnen, obwohl schon bei dessen
Aufnahme klar ist, dass seine Hospitalisation defizitär sein wird.
-
Ich kann dieser Privatisierung auch deshalb
nur wenig abgewinnen, weil für mich der Eindruck entsteht, dass sich die
Politik so eines Problems entledigen will und sich aus der Verantwortung stiehlt.
Mit Freude lese ich, dass
auch die SVP hinter der Palliative Care steht, umso mehr befremdet es mich,
dass es ein SVPler (Pierre Alain Schnegg) war, welcher wichtige Projekte im
Kanton Bern sistiert hat.
Sie wollen die
„Akademisierung“ der Pflegeberufe rückgängig machen. Dies kann ich in keiner
Weise unterstützen. In einem Land, in dem nur Gewicht hat, was in Zahlen
gemessen werden kann, ist die Pflege auf ihre eigenen Studien zwingend
angewiesen. Wer soll denn belegen, dass das was die Pflegenden tun, wirksam
ist, wenn nicht sie selbst? Ich verstehe ihren Ansatz, zielt er doch auch
darauf ab, dass jeder, der für diesen Beruf geeignet ist, ihn erlernen kann.
Die Ausbildungen sind auch heute noch durchlässig und ein HF Abschluss auch mit
einem Realschulabschluss möglich.
Ich sehe es nicht als sinnvoll an, die
Ausbildungsplätze zu erhöhen, wenn die bestehenden Plätze für
Pflegefachpersonen HF (und sie sind es, die am meisten in der Praxis fehlen),
schon nicht besetzt werden können.
Ich habe mir das Ziel
gesetzt, den Präsidenten aller Parteien, die selben vier Fragen zu stellen. Es
handelt sich um ethisch – moralische Fragen, mit denen Pflegende tag – täglich
konfrontiert sind. Ich bin nämlich nicht mehr bereit zu akzeptieren, dass die
Pflegenden mit solchen schwierigen und belastenden Fragen alleine gelassen
werden.
Und so frage ich Sie:
Ø Was
für eine Pflege wollen Sie für die Schweizer Bevölkerung?
Kommen Sie mir jetzt aber nicht
mit Schlagworten wie qualitativ hochstehend und effizient! Damit können die
Pflegenden an der Basis nichts anfangen.
Ø Was
tut Ihre Partei, damit die von Ihnen gewollte Pflege realisiert werden kann?
Ø Wo
sollen Pflegende rationieren, wenn plötzlich mehrere 100 Stellenprozente
fehlen, jedoch keine Betten geschlossen werden können.
Zum Schluss noch eine etwas
politischere Frage:
Für welche Massnahmen macht
sich Ihre Partei stark, um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken?
Gespannt und sehr
interessiert warte ich auf die Antworten Ihrer Partei, bis dahin wünsche ich
Ihnen Gesundheit, sie ist das höchste Gut, das keiner kaufen kann.
Mit freundlichen Grüssen
Madame Malevizia
Antwort am 3.08.2017
Sehr geehrte Madame Malevizia
Gerne bestätige ich den Empfang Ihres Schreibens vom Juni 2017. Ich habe Ihre Fragen mit Interesse zur Kenntnis genommen. Gerne werde ich Ihre Anregungen in meiner politischen Tätigkeit würdigen. Ich möchte Sie insbesondere betreffend die Akademisierung der Pflege darauf hinweisen, dass wir hier eine kritische Haltung gaben. Wir meinen, dass durch die Akademisierung viele Begabte, die sich für die Pflege entscheiden würden, aber vielleicht ihre Stärken nicht in der Theorie liegen, ausgeschlossen werden. Das ist unnötig und mit ein Grund für den Arbeitskräfteengpass. Ich danke für Ihre Kenntnisnahme und wünsche Ihnen alles Gute."
Freundliche Grüsse Albert Rösti, Präsident SVP Schweiz.
Antwort am 3.08.2017
Sehr geehrte Madame Malevizia
Gerne bestätige ich den Empfang Ihres Schreibens vom Juni 2017. Ich habe Ihre Fragen mit Interesse zur Kenntnis genommen. Gerne werde ich Ihre Anregungen in meiner politischen Tätigkeit würdigen. Ich möchte Sie insbesondere betreffend die Akademisierung der Pflege darauf hinweisen, dass wir hier eine kritische Haltung gaben. Wir meinen, dass durch die Akademisierung viele Begabte, die sich für die Pflege entscheiden würden, aber vielleicht ihre Stärken nicht in der Theorie liegen, ausgeschlossen werden. Das ist unnötig und mit ein Grund für den Arbeitskräfteengpass. Ich danke für Ihre Kenntnisnahme und wünsche Ihnen alles Gute."
Freundliche Grüsse Albert Rösti, Präsident SVP Schweiz.
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