«Ä
Liebi si»
Es ist ein Mythos, der sich hartnäckig hält.
Pflegende müssen «Liebi si.». Doch ä «Liebi si» reicht für diesen Beruf einfach
nicht aus. «Für Pflegende ist doch vor allem das Herz wichtig.» hat mal ein
Angehöriger zu mir gesagt. Mich hat dieser Ausspruch sehr beschäftigt, denn er
hat mich verärgert. Was mich dabei verärgert hat? Weil «ä Liebi si», die
Pflegenden auf einen uralten und schlicht falschen Streotypen reduziert: Den
der barmherzigen Schwester. Ich bezweifle ernsthaft, dass es diese mystische
barmherzige Schwester jemals gab.
Mit «ä Liebi si» lässt sich in unserem Beruf kein
Blumentopf gewinnen. Nicht für die Pflegenden selbst. «Ä Liebi si» würde
nämlich bedeuten, dass sich die Pflegenden weiterhin zu everybodies Depp machen
lassen. In der momentanen kritischen Situation was die Ressourcen betrifft,
müssen Pflegende klar und differenziert kommunizieren, welche Aufgaben sie wie
übernimmt. In der Zusammenarbeit mit den interdiszipliniären Diensten ist
Fachkompetenz gefragt. Offene Auseinandersetzungen und auch Hinterfragen sind
nötig.
Aber auch und vor allem die Patientinnen und
Patienten haben nichts von Pflegenden, die nur «ä Liebi» sind. Denn nur mit
«lieb si», werden keine lebensgefährlichen Komplikationen wahrgenommen und auch
keine entsprechenden Massnahmen ergriffen. Nur mit «Lieb si» kommt nach
Operationen kein Kreislauf in Gang, machen ängstliche Patientinnen und
Patienten keinen Versuch zur Erstmobilisation mit. Mit «Lieb si» finden
depressive Menschen nicht in eine Struktur zurück. Mit «Lieb si» kann kein
Mensch in der akuten Krise vom Suizid abgehalten werden.
Ich meine damit nicht, dass Pflegende alle ganz böse
Hexen sein müssen. Aber manchmal braucht es Konsequenz, damit Patientinnen und
Patienten ihren Weg finden können. Manchmal braucht es ein bestimmtes
Auftreten, dass in Behandlungen Bewegung kommt. Und manchmal braucht es das
klare «Nein», damit die Pflegende Raum für ihre Aufgaben bekommt. Und alle
diese Eigenschaften lassen sich nicht mit «ä Liebi si» vereinbaren.
Pflegende brauchen nicht vor allem ein Herz. Sie
brauchen Kopf, Hand und Herz. Oder anders gesagt:
Pflegende müssen wissen was sie tun.
Pflegende müssen ihr Handwerk beherrschen.
Und Pflegende müssen lieben, was sie tun.
Eure Madame Malevizia.
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