Mittwoch, 15. Mai 2019

Ein Brief von der Pflegehexe


Im April 2019
Werter Herr Cédric Wermuth
In den letzten Wochen haben Sie sich mehrmals zu gesundheitspolitischen Themen geäussert. Ein Umstand, der mich als Pflegehexe sehr freut. Es ist wirklich fatal, dass die Gesundheitspolitik fast ausschliesslich von Vertretern der bürgerlichen Parteien bestimmt wird. Die Folge ist eine Orientierung an den Bedürfnissen der Krankenkassen, welche, wer wollte es ihnen verdenken, vor allem an ihrem eigenen Gewinn interessiert sind. Darunter leiden die Patientinnen und Patienten als erste. Aber noch eine Bevölkerungsgruppe bezahlt den Preis dieser Form von Kapitalismus: Die Pflegenden. Sie sind es, die in den letzten Jahren ausgepresst wurden wie Zitronen. Und auch wenn schon längst kein Saft mehr da ist, es wird weiter gedrückt und gepresst. Bei jeder Sparrunde, egal in welchem Kanton, die Pflege wird weiter gerupft.

Als Pflegehexe habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, der Pflege eine Stimme zu geben. Ich will, dass sich die Politik mit den ethisch- moralischen Fragen auseinandersetzt, die sie bisher mir und meinen Berufskolleginnen und – Kollegen überlassen hat. Die Probleme im Gesundheitswesen gehen alle an! Vor allem die Politikerinnen und Politiker dieses Landes. Ich mache diese für mehrere Probleme im Gesundheitswesen verantwortlich, weil sie geschlafen haben. Anders kann es nicht zustande kommen, dass ein Verrechnungssystem (DRGs) eigeführt werden konnte, von dem man wusste, dass es die Pflege ungenügend abbildet. Und das tut es bis zum heutigen Tag.

Anders kann es nicht passieren, dass die gesetzlichen Grundlagen nicht gegeben sind, dass freiberufliche Pflegende ihre Materialkosten verrechnen können. Sie lesen richtig, Herr Wermuth, anders als jeder Handwerker, besteht die Gefahr, dass Pflegende auf ihren Materialkosten sitzen bleiben.

Vor dem KVG gelten Pflegefachpersonen heute noch als Hilfsberuf. Trotz der ganzen Verantwortung, die sie heute übernehmen, hat es bisher nur ein Politiker (Rudolf Joder) für nötig befunden, dies zu ändern.

Ich finde das traurig und auch etwas beschämend. Und Sie? Sie denken jetzt wahrscheinlich, ich würde mich besser an das Parteipräsidium wenden. Das habe ich bereits. Herrn Levrat habe ich auch gefragt, warum das Gesundheitswesen im Parteiprogramm nicht vorkommt. Das tut es nämlich nicht, ich habe es gelesen. Auch habe ich Herrn Levrat 4 Fragen gestellt, welche für mich und die Pflegenden von Bedeutung sind. Ich warte bis heute auf eine Antwort…

Da mir mein Berufsstand wichtig ist und ich der Überzeugung bin, dass die Pflege und eine ausreichende Gesundheitsversorgung von elementarer Wichtigkeit sind, lasse ich mich nicht einfach mit Schweigen abspeisen und frage deshalb Sie, als Ständeratskanditat:

          Was für eine Pflege wollen Sie für die Schweizer Bevölkerung?

Kommen Sie mir jetzt aber nicht mit Schlagworten wie qualitativ hochstehend und effizient! Damit können die Pflegenden an der Basis nichts anfangen.

          Was tut Ihre Partei und Sie persönlich, damit diese Pflege realisiert werden kann?

          Wo sollen Pflegende rationieren, wenn plötzlich mehrere 100 Stellenprozente fehlen, jedoch keine Betten geschlossen werden können?

Zum Schluss noch eine etwas politischere Frage:

          Für welche Massnahmen macht sich Ihre Partei stark, um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken?

In der Hoffnung, dass Sie sich die Mühe machen werden, meine Fragen zu beantworten, verbleibe ich mit freundlichen Grüssen und wünsche Ihnen Gesundheit, das höchste Gut, das keiner kaufen kann.



Madame Malevizia



Ps. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass dieser Brief, sowie eine allfällige Antwort auf meinem Blog sowie auf meiner Facebookseite veröffentlicht wird.

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