Meine Lieben,
Am 14. Juni ist Frauenstreik. Ob frau dran
teilnehmen will, möchte ich jeder einzelnen selbst überlassen. Es gib jedoch
etwas, das mich in diesem Zusammenhang beschäftigt. Immer wieder wird in den
Medien thematisiert, ob und wie die Pflegenden streiken werden. Vereinzelt
appellieren die Arbeitgeber an die Vernunft der Pflegenden. Die meisten
verlassen sich einfach darauf, dass die Pflegenden nicht in der letzten
Konsequenz streiken werden. Und davon dürfen sie auch ausgehen. Weil Pflegende
sich vor allem durch eines auszeichnen: Ihr Verantwortungsbewusstsein. Wir alle
treten an, um für kranke und verletzte Menschen da zu sein. Das tun wir, mit
unserem Wissen, unserem Können und auch mit unserem Herzen. Diese Menschen, die
uns so sehr brauchen, lassen wir nicht einfach im Stich. Dies ist wohl der
Hauptgrund, weshalb der Frauenstreik die Gesundheitsinsitutionen nicht so stark
beeinträchtigen wird, wie er es könnte.
Ich sehe den Streik als allerletztes Mittel, um eine
Veränderung herbeizuführen, vielleicht sogar zu erzwingen. Und das ist dann richtig
und notwendig, wenn alles anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Und das sind
sie aus meiner Sicht noch nicht. Die Pflegeinitiative, welche wichtige
Voraussetzungen für die Pflege herbeiführen kann, ist gerade im Parlament. So
ganz langsam scheinen die Politikerinnen und Politiker dieses Landes
diesbezüglich aufzuwachen. Ich bin sehr dafür, dass wir ihnen (noch einmal)
Zeit dazu geben, die Dinge in Ordnung zu bringen, die sie bis jetzt verschlampt
haben.
Und doch werde ich am 14. Juni dabei sein. Ich werde
mit so vielen anderen Frauen und Pflegenden auf dem Bundesplatz stehen. Ich
werde dort stehen, für alle die Mütter, die es manchmal förmlich zerreisst,
weil sie die Erwartungen ihrer Arbeitgeber, nämlich 24/7 verfügbar zu sein,
einfach nicht erfüllen können. Nicht wenige müssen ihre Stelle schliesslich
aufgeben, weil es einfach nicht geht. Ich werde dort stehen, für die jungen
Pflegenden, die sich noch immer erklären müssen, dass ihr Beruf nicht nur «chly
chrankeschwösterle» ist und nichts aber auch gar nichts mit sexy Hexy sein zu
tun hat. Und ich werde dort stehen für alle Männer und Frauen, die diesen Beruf
gerne ausüben würden, jedoch mit ihrem Lohn, die Familie nicht finanzieren
können. Und noch mehr werde ich dastehen, für diesen wundervollen Beruf, der
als «Frauenberuf» gilt und deshalb nicht die finanzielle und gesellschaftliche
Anerkennung erhält, die ihm zusteht.
Vor allem aber, werde ich als Mahnung dort stehen.
Als Mahnung für die Politikerinnen und Politiker, dass sie sich nicht weiterhin
auf der Solidarität und dem Verantwortungsbewusstsein der Pflegenden ausruhen
dürfen. Der Glaubenssatz: «Die nehmen alles hin.», wird nicht mehr ewig
Gültigkeit haben. Und auch die Gesundheitsinstitutionen tun gut daran, jetzt
hinzuschauen und in den «Erfolgsfaktor Mitarbeiterinnen» zu investieren. Eines
muss nämlich allen klar sein: Wenn die Pflegenden streiken, ist die absolute
Schmerzgrenze erreicht. Dann ist Ende der Fahnenstange. Dann steht nicht nur
die Wirtschaft oder das öffentliche Leben still. Dann stehen Herzen still. Sie
haben es in der Hand, dass es in der Schweiz niemals soweit kommt.
Eure Madame Malevizia.
Ps. Ich hoffe, am 14. Juni ist schöneres Wetter als auf dem Bild... ;-)
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