Meine Lieben,
Eindrücklich und schmerzvoll erleben Pflegende
gerade, wie Politikerinnen und Politiker auf kantonaler und Bundesebene
versagen. Es gibt kein anderes Wort mehr dafür. Während es immer noch darum
geht ob Skigebiete geöffnet oder geschlossen werden sollen, müssen sich
Pflegende die Frage stellen: Was, wenn ich plötzlich alleine auf der Station
stehe, weil alle anderen krank sind? Führungspersonen fragen sich, was mache
ich, wenn ich keine einsatzfähigen Mitarbeiter mehr habe und alle anderen Möglichkeiten
auch ausgeschöpft sind? Weder die Kantone noch der Bund scheinen darauf eine
Antwort zu haben.
Diese Szenarien sind realistisch. Denn die
Ressourcen sind tatsächlich so gering. Und bevor jetzt jemand kommt mit, «dann
muss man halt…», soll jetzt bitte einfach kurz inne halten, die Augen schliessen
und sich vorstellen, was wäre wenn… Diese Gefühle die jetzt aufkommen einfach
mal 5 Sekunden fühlen und dann weiter lesen. Ist Ihnen dies nicht möglich,
bitte ich Sie, diesen Text nicht weiter zu lesen, es ist Zeitverschwendung.
Ich bin nicht verantwortlich für diese Situation und
es liegt nicht in meiner Macht, diese zu verändern. Und so setze ich nun Prioritäten,
wie es eine solche Krisensituation auch verlangt. Meine oberste Maxime ist:
Ein würdiges Leben und Sterben ermöglichen.
1.
Für
mich selbst
2.
Für
meine Berufskolleginnen und – Kollegen
Und zwar genau in dieser Reihenfolge. Denn wenn ich
und meine Kolleginnen und Kollegen jetzt nicht alles tun um stark und gesund
unseren Dienst tun zu können, wird es zappenduster. Doch gehen wir diese Punkte
doch mal der Reihe nach durch. Im Wissen, dass dies meine Strategien und meine
Haltung ist. Auch in der Hoffnung, Inspiration für andere sein zu können.
Für mich selbst
Ich bin mir selbst unendlich dankbar, dass ich in
den letzten Jahren so viel in meine Persönlichkeitsentwicklung investiert habe.
Ich weiss, was mir gut tut und jetzt wende ich es konsequent an.
An Freien Tagen/ vor dem Dienst
Alles was mich physisch und psychisch nährt, hat
jetzt Vorrang. Ich sammle bewusst kleine «Kraftmomente». Gerade während ich
schreibe, verströmt feine Räucherung ihren Duft. Eine Kerze brennt.
Einmal täglich nehme ich mir 30min. Zeit, um zu
lesen, es hilf mir wunderbar, mir eine gedankliche Pause zu verschaffen.
Ich übe mich in Achtsamkeit und im Moment sein. Mit Vorliebe
während meiner Gesichtspflege. Es hilf, mich selbst zu spüren und zu wissen,
wie es mir geht.
Ich sorge dafür, dass ich die Möglichkeit zur
emotionalen Entlastung habe. Entweder im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen,
im Kontakt zu meiner Coach oder im aufschreiben meiner Gedanken.
Während dem Dienst
Es gibt gewisse Bonbons, die ich mitnehme, die mir
helfen, mich wieder zu spüren, wenn ich zu sehr ins rotieren komme.
Auch da halte ich den Fokus möglichst auf dem, was
ich gerade tue.
Ich atme immer wieder bewusst ein und aus, lächle
halte kurz inne und mit einem «Let’s go» geht es weiter im Text.
Nach dem Dienst
In Gedanken schliesse ich ganz bewusst die Türen der
Patientenzimmer.
Auf dem Nachhauseweg höre ich meist eine geführte
Meditation (ich benutze ÖV), die mir hilft abzuschliessen.
Zuhause schreibe ich noch kurz auf, was hängen
geblieben ist.
Ich gönne mir was feines. Etwas Schokolade zum
Beispiel oder auch mal ein gutes Glas Wein.
Dies sind meine persönlichen Prioritäten. Haushalt,
Wäsche und was es sonst noch so gibt, was «frau» sollte, ist auf das absolute
Minimum, sprich auf die Erfüllung meiner Grundbedürfnisse reduziert.
Für meine Berufskolleginnen und Kollegen
Pflegende kennen das Leid. Wir alle haben es schon
gesehen und ausgehalten. Darum gibt es eine Verbindung zwischen uns. Egal, ob
wir uns kennen oder nicht. Klingt vielleicht etwas übersinnlich. Doch ich bin
Pflegehexe, ich darf das. Ich spüre diese Verbindung und nähre sie bewusst mit positiver
Energie. Pflegende jetzt zu stärken, hat deshalb für mich ebenfalls Priorität.
Darum gibt es seit Beginn der 2. Welle das Mutkraftlicht
auf meiner Facebook – Seite. Immer morgens poste ich ein Bild, ein Lied einen
Gedanken, der Mut, Kraft und Licht geben soll. Aktuell bin ich bei Mutkraftlicht
Nr. 66. Ich werde bis 100 machen und dann etwas neues, dass Pflegende
unterstützt beginnen.
Ich bin auch da, um emotionale Entlastung zu
ermöglichen. Zum einen in der Gruppe «Lagerfeuer für die Pflege Schweiz», zum
anderen aber auch in meinem Umfeld. Ich höre zu, tausche aus, halte mit aus.
Ebenfalls ist meine bloggerische Tätigkeit für meine
Kolleginnen und Kollegen. Ich versuche, für sie Stimme zu sein in der Öffentlichkeit.
Ich bin überzeugt, nur wenn der öffentliche Druck gross genug ist, wird sich
kurz – sowie langfristig etwas an unserer Situation ändern. Diese zu verändern,
liegt nicht in meiner Macht, aber ich kann weiterhin sagen, was ich erlebe und
fühle. Und ich lasse mir auch von keinem dem Mund verbieten!
Die Menschen, die meine Pflege benötigen
Sie kommen keineswegs unter fernerliefen. Denn Priorität
1 und 2 sind die Bedingung, dass ich Priorität 3 gewährleisten kann.
Es geht jetzt darum diesen Menschen ein würdiges
Leben und Sterben zu ermöglichen. Das ist die Maxime, daran orientiere ich mich.
Alles, was nicht in diese Maxime gehört, ist zur Zeit einfach nicht wichtig.
Und genau das kommuniziere ich, den Betroffenen
selbst, ihren Angehörigen, den intersdisziplinären Diensten.
Zum Schluss möchte ich an alle Menschen appellieren.
Egal wo Ihr gerade stehen. Bitte, setzt jetzt für Euch Eure Prioritäten und lebt sie. Vielleicht mögt Ihr diese auch nach Aussen kommunizieren und
andere mit Euren Ideen inspirieren. So kann jeder von uns diese Krise zur
Chance werden lassen.
In Verbundenheit
Madame Malevizia
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