Dienstag, 8. Dezember 2020

Werte Damen und Herren Bundesräte - Werte Damen und Herren Ständeräte - Werte Damen und Herren Nationalräte


 

Ich schreibe Ihnen, weil ich der Meinung bin, dass dies als Bürgerin und Pflegefachfrau dieses Landes meine Pflicht ist. Es ist meine Pflicht, Ihnen mitzuteilen, dass etwas in unserem Land gerade schiefläuft und Sie dafür verantwortlich sind.

Während Sie sich in Schutzmassnahmen versteigen, die längst nicht mehr nachvollziehbar sind (aktuell sind wir bei: „Bleiben Sie zuhause“ und „wir öffnen die Skigebiete“) verschliessen Sie aktiv die Augen vor dem eigentlichen Problem: Unser Gesundheitswesen fliegt uns immer mehr um die Ohren. Denn genau das tut es und es lässt sich auch nicht mehr wegdiskutieren. Dass positiv getestete Pflegende weiterarbeiten (müssen) und so die ohnehin schon vulnerablen Personen gefährdet werden, ist ein eindrücklicher Beweis des schon vor der Pandemie bestehenden Fachkräftemangels. Ich habe darum auch absolut kein Verständnis mehr für jene unter Ihnen, die jetzt noch die Stirn (ich könnte auch sagen, die Frechheit) haben, in eine Kamera hineinzusprechen und zu erklären: «Die Pflegenden sollen mal nicht so tun, die haben ja einen sicheren Job und genügend Lohn». Darum geht es jetzt gerade nicht. Es geht darum, dass der Personalmangel so gross ist, dass wir die uns anvertrauten Personen nicht mehr ausreichend versorgen können. Damit meine ich nicht, dass sie zu spät ihrem bestellten Tee bekommen. Damit meine ich, dass ich und meine Kolleginnen nicht mehr für physische und psychische Unversehrtheit garantieren können. Um es ganz deutlich zu machen: Während sie sich auf der Nebenbühne austoben, sterben auf der Hauptbühne Menschen. Dem hilflos zusehen zu müssen, tut weh und ist mehr als das, was wir alle in unserer Ausbildung gelernt und von uns erwartet werden kann. Der eine oder die andere von Ihnen wird jetzt wieder mit dem Argument kommen, dass es dieser oder jener Branche doch auch schlecht geht. Ja, das ist so. Das spricht Sie jedoch nicht von Ihrer Verantwortung gegenüber den Menschen, die auf unser Gesundheitswesen angewiesen oder in diesem tätig sind, frei.

Immer mehr meiner Kolleginnen und Kollegen äussern sich in der Öffentlichkeit und machen deutlich, in welcher Notlage sich unser Berufsstand befindet. Und anstatt, ihnen zuzuhören, tun Mitglieder Ihrer Räte sie als «Jammeris» ab oder machen sie lächerlich. Ich frage Sie, ist das einer Regierung unseres Landes würdig? Ist das alles, was Sie können?  

Ich persönlich trete täglich an, um für die Menschen da zu sein. Und genau das ist auch meine Motivation diesen Brief zu schreiben. Ich bin sicher, auch Sie treten täglich für etwas an und ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses etwas «möglichst wieder gewählt zu werden und mich darum ja nicht exponieren» heisst. Ich rufe Sie deshalb auf, endlich mutig «grosse» Entscheidungen zu treffen, zum Wohle unseres Landes.

Im Gesundheitswesen sind das:

1.     Eine grossangelegte Hilfsaktion mit Armee und Zivilschutz, um diese Krise zu überstehen. Dabei ist es zentral, dass alle Betriebe, die Bedarf haben, diesen auch erhalten. Um das herauszufinden, muss mit den Leuten der Basis gesprochen werden. Nämlich mit den Stationsleitungen oder zumindest den Pflegedienstleitungen. Mit ihnen kann dann auch festgestellt werden, wo und wie diese Hilfe geleistet wird. Die zentrale Frage muss sein, wie können wir die Fachkräfte entlasten, dass sie ihren Dienst tun können?. Das könnte auch die Kinderbetreuung von Fachkräften beinhalten, oder die Beschaffung von Nahrung für jene.

 

2.     Eine langfristige Strategie, um ausreichend Fachkräfte auszubilden und im Beruf zu halten. Mit der Pflegeinitiative liegen dazu griffige Massnahmen bereits auf Ihrem Tisch.

Was das kostet? Einiges an Geld ja, aber deutlich weniger Menschenleben und Existenzen, als Ihr momentanes Vorgehen. Das ich beim besten Willen nicht Strategie nennen kann.

Hiermit habe ich Ihnen nun mitgeteilt, wozu ich mich verpflichtet fühle. Was Sie damit machen, ist nun in Ihrer Verantwortung. Ich möchte aber noch einmal ganz deutlich sagen: Unser Gesundheitswesen ist kurz vor dem Zusammenbruch. Ich lehne ab sofort jegliche Verantwortung für diesen Umstand ab.

Ich bitte Sie, keine Zeit mit Antworten im Sinne von «wir schauen ja schon, ist alles nicht so schlimm» oder ähnlich zu verschwenden. Nutzen sie diese Zeit, um Ihren Job zu tun. Ich werde ganz bestimmt merken, wenn Sie dies endlich tun. Für Verständnisfragen stehe ich selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen

 

Madame Malevizia.

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