Ich schreibe Ihnen,
weil ich der Meinung bin, dass dies als Bürgerin und Pflegefachfrau dieses
Landes meine Pflicht ist. Es ist meine Pflicht, Ihnen mitzuteilen, dass etwas
in unserem Land gerade schiefläuft und Sie dafür verantwortlich sind.
Während Sie sich in
Schutzmassnahmen versteigen, die längst nicht mehr nachvollziehbar sind
(aktuell sind wir bei: „Bleiben Sie zuhause“ und „wir öffnen die Skigebiete“)
verschliessen Sie aktiv die Augen vor dem eigentlichen Problem: Unser
Gesundheitswesen fliegt uns immer mehr um die Ohren. Denn genau das tut es und
es lässt sich auch nicht mehr wegdiskutieren. Dass positiv getestete Pflegende
weiterarbeiten (müssen) und so die ohnehin schon vulnerablen Personen gefährdet
werden, ist ein eindrücklicher Beweis des schon vor der Pandemie bestehenden
Fachkräftemangels. Ich habe darum auch absolut kein Verständnis mehr für jene
unter Ihnen, die jetzt noch die Stirn (ich könnte auch sagen, die Frechheit)
haben, in eine Kamera hineinzusprechen und zu erklären: «Die Pflegenden sollen
mal nicht so tun, die haben ja einen sicheren Job und genügend Lohn». Darum
geht es jetzt gerade nicht. Es geht darum, dass der Personalmangel so gross
ist, dass wir die uns anvertrauten Personen nicht mehr ausreichend versorgen
können. Damit meine ich nicht, dass sie zu spät ihrem bestellten Tee bekommen.
Damit meine ich, dass ich und meine Kolleginnen nicht mehr für physische und
psychische Unversehrtheit garantieren können. Um es ganz deutlich zu machen:
Während sie sich auf der Nebenbühne austoben, sterben auf der Hauptbühne
Menschen. Dem hilflos zusehen zu müssen, tut weh und ist mehr als das, was wir
alle in unserer Ausbildung gelernt und von uns erwartet werden kann. Der eine
oder die andere von Ihnen wird jetzt wieder mit dem Argument kommen, dass es
dieser oder jener Branche doch auch schlecht geht. Ja, das ist so. Das spricht
Sie jedoch nicht von Ihrer Verantwortung gegenüber den Menschen, die auf unser
Gesundheitswesen angewiesen oder in diesem tätig sind, frei.
Immer mehr meiner
Kolleginnen und Kollegen äussern sich in der Öffentlichkeit und machen
deutlich, in welcher Notlage sich unser Berufsstand befindet. Und anstatt, ihnen
zuzuhören, tun Mitglieder Ihrer Räte sie als «Jammeris» ab oder machen sie
lächerlich. Ich frage Sie, ist das einer Regierung unseres Landes würdig? Ist
das alles, was Sie können?
Ich persönlich trete
täglich an, um für die Menschen da zu sein. Und genau das ist auch meine
Motivation diesen Brief zu schreiben. Ich bin sicher, auch Sie treten täglich
für etwas an und ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses etwas «möglichst
wieder gewählt zu werden und mich darum ja nicht exponieren» heisst. Ich rufe
Sie deshalb auf, endlich mutig «grosse» Entscheidungen zu treffen, zum Wohle
unseres Landes.
Im Gesundheitswesen
sind das:
1.
Eine grossangelegte Hilfsaktion mit
Armee und Zivilschutz, um diese Krise zu überstehen. Dabei ist es zentral, dass
alle Betriebe, die Bedarf haben, diesen auch erhalten. Um das herauszufinden,
muss mit den Leuten der Basis gesprochen werden. Nämlich mit den
Stationsleitungen oder zumindest den Pflegedienstleitungen. Mit ihnen kann dann
auch festgestellt werden, wo und wie diese Hilfe geleistet wird. Die zentrale
Frage muss sein, wie können wir die Fachkräfte entlasten, dass sie ihren Dienst
tun können?. Das könnte auch die Kinderbetreuung von Fachkräften beinhalten,
oder die Beschaffung von Nahrung für jene.
2.
Eine langfristige Strategie, um
ausreichend Fachkräfte auszubilden und im Beruf zu halten. Mit der
Pflegeinitiative liegen dazu griffige Massnahmen bereits auf Ihrem Tisch.
Was das kostet? Einiges
an Geld ja, aber deutlich weniger Menschenleben und Existenzen, als Ihr momentanes
Vorgehen. Das ich beim besten Willen nicht Strategie nennen kann.
Hiermit habe ich Ihnen
nun mitgeteilt, wozu ich mich verpflichtet fühle. Was Sie damit machen, ist nun
in Ihrer Verantwortung. Ich möchte aber noch einmal ganz deutlich sagen: Unser
Gesundheitswesen ist kurz vor dem Zusammenbruch. Ich lehne ab sofort jegliche
Verantwortung für diesen Umstand ab.
Ich bitte Sie, keine
Zeit mit Antworten im Sinne von «wir schauen ja schon, ist alles nicht so
schlimm» oder ähnlich zu verschwenden. Nutzen sie diese Zeit, um Ihren Job zu
tun. Ich werde ganz bestimmt merken, wenn Sie dies endlich tun. Für
Verständnisfragen stehe ich selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen
Grüssen
Madame Malevizia.
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