Montag, 23. März 2020

Nachrichten von der Pflegebasis II – Bleib Zuhause und die Sache mit dem Klatschen





Meine Lieben,

Ich schreibe Euch am Abend bevor ich zu meiner ersten 12 Stunden- Schicht gehe. Letzte Woche habe ich alles daran gesetzt mich selbst zu stabilisieren und zu stärken. Heute habe dann auch noch ein Online – Coaching gemacht. Nun fühle ich mich bestmöglich vorbereitet auf das, was kommen wird.
Viele Nachrichten erreichen mich. Einiges ist auf Social Media zu lesen. Auf zwei Dinge möchte ich hier eingehen.

Die Kampagne «Bleib Zuhause.»
 Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen, als der Bundesrat am Freitag keine absolute Ausgangssperre verhängt hat. Auch wenn ich diesen Schritt durchaus hätte nachvollziehen können, bin ich froh, dass der Bundesrat eine andere Massnahme ergriffen hat. Mir machten die psychischen Auswirkungen auf die Menschen ehrlich Sorgen. Es macht sehr viel mit einem Menschen, wenn er nicht mehr raus darf. Dennoch haben viele bis jetzt nicht kapiert, um was es wirklich geht. Covid- 19 ist kein Witz und ganz bestimmt nicht harmlos, für niemanden. Es gilt, die Welle so gut wie möglich abzuflachen, damit unser Gesundheitswesen zumindest die Chance hat, sie zu bewältigen. Besonders berührt, haben mich die vielen Bilder der jetzt gerade arbeitenden Teams, welche die Bevölkerung inständig bitten, Zuhause zu bleiben. Aus meiner Sicht ist es eine Frage des Respekts, sich jetzt an diese Vorgaben zu halten. Und immer wieder habe ich gedacht, dass es jetzt nicht auch noch Aufgabe der Pflegenden und Ärzte sein kann, eine solche Kampagne zu fahren. Es muss jetzt wirklich alles von ihnen ferngehalten werden, das nicht zu ihrem Kerngeschäft gehört. Umso mehr schätze ich die Challenge, die Alain Berset ins Leben gerufen hat. Danke an alle Promis, die uns auf diese Weise unterstützen.

Das Klatschen
Die Romandie klatscht jede Woche für das Gesundheitspersonal. Letzten Freitag hat auch die Deutschschweiz geklatscht. Viele Videos habe ich gesehen und auch geteilt. Es war richtig laut. Die Resonanz auf das Klatschen ist bei uns Pflegenden unterschiedlich. Für die einen ist es eine Geste, die Kraft und Mut gibt, die anderen finden: «Ihr habt bis jetzt nicht auf uns gehört, jetzt braucht ihr auch nicht zu klatschen!» Ich verstehe beide Seiten und habe auch beide in mir. Auch ich möchte manchmal einfach nur brüllen, ob all der Wut und Enttäuschung, dass wir Pflegenden jetzt eine Suppe auslöffeln, die wir uns nicht selbst eingebrockt haben. Und wir alle haben verdammt nochmal das Recht darauf jetzt verletzt zu sein. Im Wissen, dass Wut viel Energie ist, versuche ich jedoch die möglichst gut umzulenken und zu nutzen. Denn Energie und Kraft ist gerade jetzt ein kostbares Gut. Mir selbst habe ich ein Versprechen gegeben:Sobald der Covid -19 Sturm vorbei ist, werde ich alles daran setzen werde, dass wir nicht noch einmal in eine solche Krise hereinrasen Ich hoffe, nein, ich zähle darauf, dass dann alle die Enttäuschten und Verletzten mit mir sein werden.
Dennoch, oder gerade deshalb finde ich jedoch das Klatschen eine wichtige Geste. Eine Geste, die mir zeigt, wir werden (endlich) gesehen und gehört. Zudem glaube ich, dass das Klatschen nicht nur den Empfängern hilft, sondern auch den Sendern. Wie schlimm muss es sein, nichts tun zu können, ausser Zuhause zu bleiben? Viele würden so gerne helfen, doch sie verfügen nicht über die nötige Qualifikation. Einmal in der Woche klatschen zu können, gibt auch diesen Menschen Kraft und Hoffnung. Und darum wünsche ich mir, dass es nicht aufhört, das Klatschen. Sondern noch über den Sturm hinausgeht. Und dann, wenn es darum geht, das Gesundheitswesen zu stärken, müssen dem Klatschen Taten folgen.
Es gibt noch so vieles, über das ich schreiben möchte. Doch für den Moment schliesse ich diesen Bericht.

In Verbundenheit mit Euch allen verbleibe ich mit den besten Wünschen.

Eure Madame Malevizia

2 Kommentare:

  1. Liebe Pflegehexe und KollegInnen

    ich habe das Klatschen nicht gehört und auch keine Videos davon gesehen. Was ich leider bereits jetzt höre, sind die Politiker welche auf Forderungen aus der Pflege mit den worten abtun werden: Die Corona-krise habt ihr ja auch geschafft. genauso wie es jeweils hies: das letzte Mal habt ihr die schicht (im Alterszntrum) statt zu viert zu dritt auch geschafft, also könnt ihr gleich so weiter arbeiten und so weiter und so weiter.
    Eigentlich sollten wir jetzt streiken! Ja jetzt, so wie die Fluglotsen auch nicht im November streicken sondern Anfangs der Sommerferien. Eigentlich, aber eben wir sind ja in der Pflege. Also mutieren wir von der Füdlibutzer der Nation zu den mit beiden Beinen in der Scheisse Stehenden der Nation. Nein da kommt keine Freude auf und am Ende werden noch mehr den Job nicht wollen oder verlassen weil sie sehen welche Opfer dieser beinhaltet, soziale, körperliche und geistige.
    Trotz all der momentanen Bitterkeit liebe ich meinen Beruf und bete dafür das den Menschen ein Licht aufgeht vorallem nach dieser Krise.
    Renato FaGe in einem Alterszentrum.

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