In der Krankenpflege wurde sie thematisiert, die
Schattenseite der Pflege, jenes Dunkle, Unglaubliche, von dem alle in der
Pflege wissen, dass es traurige Realität ist. Es ist so Unfassbar, dass
Aussenstehende es fast nicht glauben können. Aber es ist wahr und so langsam
sickert diese Wahrheit auch ins Bewusstsein der Menschen in der Schweiz durch.
Ich gratuliere der Redaktion der Krankenpflege zu dem mutigen Schritt, die
Schatten zu beleuchten. Mich haben diese Geschichten sehr berührt, im ersten
Moment hilf- und ratlos zurückgelassen. Und dann wurde mir bewusst, dass diese
Schatten es sind, die mich dazu gebracht haben, Pflegehexe zu sein. Für mich
kann das beleuchten dieser Schatten, nur ein Anfang sein, auf dem Weg der
Pflege ins Licht. Doch, wie kommen wir in dieses Licht? Diese Frage hat mich in
den letzten Tagen beschäftigt und plötzlich war es da, das Wort: Verantwortung.
Wenn Pflege ins Licht finden soll, dann muss die Verantwortung wieder dort hin
wo sie hingehört. Sie muss richtig verteilt werden.
Die
Pflegenden müssen die Verantwortung für sich selbst
übernehmen. Sie müssen sich ihrem eigenen Wert bewusst sein. Pflegende gibt es
nicht wie Sand am Meer. Es gibt deshalb keinen Grund, sich in einem unbefriedigenden
Arbeitsfeld aufzureiben und im Elend zu verharren.
Gefährliche Pflege gehört konsequent angesprochen,
wenn es alle tun, kann auch keiner herausgemobbt werden. Und da müssen wir
Pflegenden die Verantwortung übernehmen und solidarisch sein. Wir müssen es
schaffen in unseren Betrieben eine «Grösse» zu sein, an der man nicht so
einfach vorbeikommt.Wenn die Pflegequalität nicht den ethisch – moralischen Grundsätzen der Pflege entspricht und deshalb gekündigt wird, gehört dies auch als Grund auf die Kündigung. Das braucht Mut, aber meine Lieben, wir sehen Menschen leiden, sterben, wir retten Leben und dann schaffen wir es nicht, die Wahrheit zu sagen? Erst wenn dem Arbeitgeber klar wird, dass ihm die Leute davonlaufen, wenn er weiter so «wurstelt», wird er sich bewegen. Institutionen, welche Pflegende auspressen wie Zitronen, gehören von eben diesen konsequent mit Kündigung abgestraft.
Der Pflegenotstand gehört in die Öffentlichkeit. Es
geht nicht, dass wir weiter damit allein gelassen werden. Darüber muss
diskutiert werden. Die Pflegende selbst sind es, die diese Diskussion auslösen
und aufrechterhalten müssen.
Ich erwarte von meinen Patienten, dass sie fragen, was das da für eine Tablette ist, wenn sie diese nicht kennen. Ich bin darauf angewiesen, dass sie klingeln, wenn sie sich nicht gut fühlen. Und ich will, dass sie, wenn sie den Druck unter dem die Pflegenden stehen wahrnehmen, dies den Pflegedienstleitungen, zurückmelden.
Auch die Angehörigen haben eine Verantwortung. Es kann nicht sein, dass sie ihre Liebsten einfach bei der Türe abgeben und das wars dann. Ich erwarte von keinem Sohn und von keiner Tochter, dass sie die Pflege ihrer Eltern übernehmen. Aber sie können da sein. Vor allem in den Pflegeheimen ist ihre Präsenz gefragt. Auf den Wohngruppen/ Stationen ebenso, wie im Büro der Pflegedienstleitung. Wenn etwas nicht gut läuft, soll hartnäckig darauf aufmerksam gemacht werden. Wenn nötig schriftlich zu Handen der Heimleitung und des Verwaltungsrats. Ich weiss, dass Herr und Frau Schweizer das können!
Die Pflegedienstleitungen
und Heimleitungen müssen ihre Verantwortung gegenüber der Basis wahrnehmen.
Sie sind es, die gegenüber dem Arbeitgeber die Pflege vertreten. Es kann nicht sein,
dass sie den Druck einfach ungefiltert den Pflegenden weitergeben.
Pflegedienstleitungen dürfen sich nicht einfach in
ihrem Elfenbeinturm verstecken. Sie gehören in die Nähe der Basis, sie sollen
ein offenes Ohr haben, für die Nöte der Pflegenden und mit ihnen zusammen nach
Lösungen suchen. «Das ist einfach so.» muss aus dem Wortschatz der
Pflegedienstleitungen/ Heimleitungen verschwinden. ^Und ich weiss, es gibt sie, die Pflegedienstleitungen, die sich kümmern. Die für unruhige/verwirrte Patienten Sitzwachen organisieren. Und wenn der eigene Pool nicht reicht, einen weiteren externen Pool ins Boot holen. Sie lassen Pflegende nicht einfach alleine mit engmaschigen Überwachungen, sondern suchen nach Lösungen, wie die Sicherheit auf der Station aufrecht erhalten werden kann.
Und ganz ehrlich, ich bin sehr stolz auf unseren Berufsverband, der in den letzten Jahren an Präsenz in der Öffentlichkeit zugelegt hat. Der in seinen Forderungen an Klarheit und Vehemenz gewonnen hat. Der SBK hat eine solide Rechtberatung, die wie auch das «Krankenpflege 10/17»deutlich zeigt, für seine Leute einsteht. Mit der Lancierung der Pflegeinitiative hat der SBK ein Riesenprojekt gestartet. Die jedoch mit einem Engagement und einer Vehemenz, die ihresgleichen sucht. Damit haben sie es zum einen geschafft Pflegende zu mobilisieren und zum anderen, die politische Diskussion zum Thema angestossen.
Der SBK ist dabei, in der Gesundheitspolitik zu
einer Grösse zu werden, die nicht mehr einfach ignoriert werden kann. Bleibt
dran, liebe SBKler, ich bin mit Euch!
Gesundheitspolitik besteht nicht nur aus
Kostenberechnungen und Krankenkassen! Es geht dabei vor allem um Menschen. Es
geht um ethisch – moralische Fragen und dieser entzieht sich die Politik
grundsätzlich. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass sich der Kanton Bern
anschickt, ein Sparpaket (mit dem sinnigen Namen Entlastungspaket) zu
verabschieden, welches so drastische Sparmassnamen im Gesundheitswesen
vorsieht, dass es mir schon beim daran denken übel wird.
Anders kann ich mir nicht erklären, dass die
SwissDRGS eingeführt und die Pflege dabei schlicht «vergessen» wurde.
Über die explodierenden Gesundheitskosten wird
ständig diskutiert. Es sind jedoch nicht die Pflegenden, welche diese
verursachen. Will man diese Kosten in den Griff bekommen, würde es vielleicht
Sinn machen, hinzuschauen, wohin dieses Geld fliesst. Könnte aber schwierig
werden, wenn man mit einem Ohr, ständig auf die Krankenkassen- und Pharmalobby
hört.
Der Fachkräftemangel in der Pflege ist bekannt. Doch
im Parlament wurde er bisher kaum thematisiert. Im Gegenteil, die einzige
ernstzunehmende parlamentarische Initiative (Initiative Joder), wurde mit nicht
eintreten abgeschmettert. Es ist an der Politik nach Lösungen dieses Problems
zu suchen. Die Not der Pflegenden gehört auf den Tisch und in die politische Agenda. Pflegende ist nicht irgendein Beruf. Es ist einer jener Berufe, der die Verletzten, die Kranken, die Versehrten der schweizer Bevölkerung versorgt. Dass diese Versorgung aufrecht erhalten werden kann und wir nicht wieder wie in «alten Zeiten», diese Hilfsbedürftigen Menschen in «Siechenhäusern» elend verrecken (pardon, kann es gerade nicht anders sagen) lassen müssen, dafür ist die schweizer Politik verantwortlich.
Für mich ist Pflegefachperson noch immer der
schönste Beruf der Welt. Kann dieser Beruf so ausgeübt werden, wie er in den
Berufsschulen gelehrt wird, ist er sehr spannend, eröffnet ein sehr breites
Berufsfeld und bereichert Pflegende, Patienten und Gesellschaft gleichermassen.
Und weil das so ist, werde ich weiter dafür kämpfen,
dass die Pflegewelt ins Licht findet.
Eure Madame Malevizia
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