Um was es wirklich geht…
Heute am 26.10.2020 startet die Aktionswoche der Gesundheitsberufe. Das Thema ist aktueller denn je. Dennoch geht es hier nicht alleine um die aktuelle Krise, die unser Land ein weiteres Mal überrollt. Die Pflege war schon vor Covid19 am Limit, was jetzt geschieht ist die Folge der politischen Entscheide oder eben Nicht- Entscheide der letzten Jahre. Es ist jetzt tatsächlich möglich, dass uns als Land unser Gesundheitswesen um die Ohren fliegt. Und ich muss gestehen, ich weiss nicht, was ich mir wünschen soll: Dass es nicht passiert oder dass es passiert und sich endlich etwas bewegt, die Politik ihren Beitrag dazu leistet, dass sich die Arbeitsbedingungen verbessern?
Bessere Arbeitsbedingungen. Was meine ich mit diesem Schlagwort? Ich
werde versuchen, es zu erklären.
Also, ich stelle mir darunter folgendes vor: Am
Morgen werde ich mit der Limousine an meinen Arbeitsplatz chauffiert, wo ich
über einen roten Teppich ins Stationsbüro geleitet werde, wo selbstverständlich
schon das Champagnerfrühstück auf mich wartet…
Nein, natürlich nicht. Es geht nicht um Luxus, es
geht um essentielles.
Es geht darum, ein Arbeitspensum vorzufinden, welches
in der zur Verfügung stehenden Zeit bewältigbar ist. Im Moment ist das bei den
wenigsten der Fall. Eine Stunde Überzeit oder mehr, ist für Pflegende «normal».
Viele meiner Berufskolleginnen vereinbaren nach dem Dienst keine Termine mehr,
weil sie diese selten wahrnehmen können. Und da sind wir schon beim nächsten.
Es geht um eine ausgewogene Work life balance. Ist diese nicht gegeben, und das
kann sie nicht sein, wenn ständig so viel Überzeit gemacht werden muss, geht
das an die körperliche und psychische Substanz. Und das in einem Beruf, in dem
beides wichtig ist, um die Aufgaben zu erfüllen. Erschöpfte Pflegende sind eine
Gefahr für die ihnen anvertrauten Bewohner/ Patientinnen/ Klienten.
Es geht darum, krank sein zu dürfen, sich krank
melden zu können und die Krankheit auch auszukurieren. So viele von uns haben
ein schlechtes Gewissen, wenn sie krank sind. Weil sie wissen, wie ihre
Kolleginnen und Kollegen jetzt überbelastet sind durch ihr fehlen. Dieses
Phänomen darf einfach nicht sein! Auch Pflegende haben das Recht krank zu sein
und sich ausreichend Zeit zu genesen zu nehmen.
Es geht darum, frei haben zu können, ohne ständig abrufbar
zu sein, ohne für diese Bereitschaft bezahlt zu werden. Nicht wenige von uns
erhalten an jedem freien Tag einen Anruf, ob sie vielleicht nicht doch heute
oder morgen arbeiten könnten?...
Und nicht zuletzt geht es darum, dass Pflegende ihre
Arbeit, gemäss ihrer Ausbildung, so wie sie es gelernt haben ausüben können.
Ich spreche nicht von Perfektion, aber von Excellenz, so wie sie in den
Berufsschulen auch gelehrt wird.
Ich weiss, viele Politikerinnen und Politiker sind
der Meinung, dass sie nicht für die Arbeitsbedingungen in der Pflege
verantwortlich seien, da könne ja jeder Berufsstand kommen. Doch Pflegende sind
nicht «jeder Berufsstand». Pflegende sind ein wichtiger Bestandteil unseres
Gesundheitswesens, das ohne sie zusammenbrechen würde. Und für dieses
Gesundheitswesen ist die Politik durchaus verantwortlich. Nicht wenige Kantone
haben in den letzten Jahren auf dem Rücken des Gesundheitswesens gespart, eben
weil dort nichts gesetzlich (auf Bundesebene) vorgeschrieben ist. Dieser
Umstand ist uns dieses Frühjahr fast um die Ohren geflogen. Und gerade jetzt
sind wir in der 2. Welle und das Risiko (oder sollte ich sagen, die Chance) ist
grösser denn ja, dass es uns jetzt wirklich um die Ohren fliegt. Und ganz
offensichtlich hat die Politik da wieder einmal seine Hausaufgaben nicht
gemacht! Ich bezweifle auch, dass sich die betreffenden Gremien diesbezüglich
reflektieren und die Verantwortung übernehmen. Jedenfalls nicht freiwillig.
Schliesslich will man/frau wiedergewählt werden.
Es ist an der Politik den gesetzlichen Rahmen zu
schaffen, dass Pflegende ihre Arbeit tun können. Nicht mehr und nicht weniger.
Die Eigenständigkeit des Pflegeberufes im KVG und eine Investition in die
Ausbildung sind gute und wichtige Schritte. Sie werden jedoch wirkungslos sein,
wenn nicht auch dafür gesorgt wird, dass Pflegende länger und gesund an der
Basis arbeiten können und wollen.
Ist dieser Schritt getan, ist es die Verantwortung
jeder einzelnen Pflegenden, diesen Rahmen zu kennen und ihre Rechte auch
wahrzunehmen. Dies sollten wir dann genauso ernst nehmen, wie unsere
Verantwortung gegenüber unseren Patienten/Klienten/ Bewohnern.
Eure Madame Malevizia
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